Da es einen ganz besonderen Reiz hat, wenn man alle Komponenten von seinem Teleskop selbst herstellt, hatte ich schon zu Baubeginn von „Nemesis“ vor, den Fangspiegel ebenfalls selbst zu schleifen. Leider hatte ich da keine Zeit, so dass ich die erste Zeit mit einem leider zu kleinen 88mm Fangspiegel beobachtete. Mit der Zeit wurde der Leidensdruck dann aber so groß, dass ich das Projekt Fangspiegel angehen wollte. Da man im Internet nicht viele Anleitungen zum Schleifen eines Planspiegels findet, möchte ich hier ein wenig von meinen Erfahrungen berichten:
Die kleine Achse meines Fangspiegels sollte 98mm betragen, so dass sich die große Achse zu 98mm/ cos(30°) = 113mm berechnet. Der Winkel von 30° gilt für einen Lowrider, bei einem normalen Newton mit einer 45° Auslenkung muss man den Winkel natürlich korrigieren. Nach dieser kleinen Rechnung bestellte ich drei 115mm Borofloat Scheiben für den Schliff des Fangspiegels und noch mal zwei gleichgroße Extrarohlinge, die ich später als Poliertools nehmen wollte.
Am Anfang steht immer das Planschleifen. Dazu benötigt man immer drei Rohlinge, weniger geht nicht. Nimmt man nämlich nur zwei, bekommt man irgendwann einen konvexen und einen konkaven Rohling mit einem bestimmten Krümmungsradius, aber wird es nur schwer schaffen, eine plane Fläche zu schleifen. Zudem muss man sich da mit einem Sphärometer behelfen, so dass es einfacher ist, das Ganze mit drei Rohlingen zu machen. Genauso wichtig ist eine bestimmte Schleifreihenfolge, die man minutengenau einhalten sollte. Dabei muss man auch darauf achten, welcher Rohling unten liegt und welcher oben. „1 auf 2“ heißt bspw. dass Rohling 2 unten liegt und Rohling 1 oben. Eine vollständige Sequenz sah bei mir so aus:
1 auf 2, 2 auf 3, 3 auf 1, 2 auf 1, 3 auf 2 und 1 auf 3
Jede Session habe ich 5 Minuten lang geschliffen. Am besten schreibt man sich die Sequenz auf einen Zettel und hängt ihn auf. So weiß man immer, was als nächstes zu tun ist. Es ist übrigens nicht notwendig, mit 80er Karbo loszulegen, dazu sind die Rohlinge viel zu plan. Ich habe mit 320er angefangen und konnte so relativ schnell die unplanen Stellen glätten. Man sollte ganz zu Beginn auch die Rückseiten anschleifen, damit man später beim Messen keine störenden Reflexe bekommt. Ein paar Runden mit dem 320er reichen da locker aus. Mit der Strichführung hatte ich am Anfang ein kleines Problem: ich habe kurze Striche über die Mitte mit nur sehr wenig Überhang gemacht, aber je feiner die Körnung wurde, umso störrischer wurden auch die Scheiben und irgendwann klebten die Dinger dann aneinander fest. Von Planität also nicht geringste Spur. :(( Beim zweiten Versuch hab ich dann W-Striche mit ungefähr einem Drittel Überhang gemacht und siehe da: es hat geklappt. Geschliffen hab ich bis zum 3my, vom 1my hatte ich leider nix mehr da.
Bevor ich zum Polieren komme, möchte ich noch kurz ein paar Worte über das Testen eines Planspiegels verlieren. Man benötigt hier zwei Tests: einmal den normalen Foucault- Test im Doppelpass mit einer Referenzsphäre und den Ritchey- Common Test (RCT), der im Prinzip nix anderes als ein Test mit einem künstlichen Stern ist. Mit ersterem kann man wie gewohnt Zonen, abfallende Ränder, runde Kanten, Zentralberge und andere schöne Dinge erkennen und mit dem RCT den Krümmungsradius des Planspiegels messen. Mehr dazu findet man auf der Homepage von Reiner Vogel, der beide Tests auf seiner Homepage sehr ausführlich erklärt.
Ich habe als Referenzsphäre einen 114/900er Spiegel aus dem bekannten Vixen Teleskop genommen. Das ist eine ziemlich gute Sphäre und damit wirklich sehr geeignet. Alternativ kann man auch einen Paraobolspiegel nehmen und soweit abblenden (auf f/20-25), dass die Mitte sphärisch ist.
Damit ich schnell zwischen beiden Tests hin- und herwechseln konnte, habe ich meinen Tester ein wenig umgebaut und frisiert. Vorne hab ich einfach ein drehbares Holzstück angebracht, auf dem beide Tests aufgebaut sind. Jede LED hat ihr eigenes Stromkabel, so dass man nur noch die Batterie anschließen muss.
Was die Sache ebenfalls sehr erleichtert, ist, wenn man die zu testenden Spiegel auf einem justierbaren Brett unterbringt. Die Halterung der Referenzsphäre ist fest, die Halterung für den Planspiegel hab ich drehbar gelagert. Da man verschiedene Einstellwinkel braucht, hab ich mir Markierungen für 45°, 20° und 10° aufgemalt. So kann man sehr schnell den gewünschten Winkel einstellen, ohne groß messen und rumfummeln zu müssen. Das Bodenbrett ist ebenfalls justierbar. Der Bau des Testaufbaus hat keine zwei Stunden gedauert und meiner Meinung nach sollte man diese Zeit wirklich investieren, wenn man Freude am Messen haben möchte.
Kommen wir nun zum Polieren. Am besten poliert man mal eben kurz alle drei Rohlinge an bzw. solange, bis man einen konkaven findet. Ob man einen konkaven oder konvexen in der Hand hält, kann man mit dem RCT herausfinden. Ist der vertikale Fokus innen und der horizontale außen, so ist der Spiegel konkav, ist der horizontale innen und der vertikale außen, hat man einen konvexen Rohling erwischt. Dazu gibt es auch einen einfach zu merkenden Spruch: HIVO – konvex, also „horizontal inside, vertikal outside“. Beim Testen hatte ich eigentlich immer die Situation, dass die beiden Foki nicht symmetrisch zum mittleren lagen. Andere Spiegelschleifer berichteten das gleiche, so dass man sich da wohl keine Gedanken drum machen muss. ;)
Hat man schließlich einen konkaven Rohling gefunden, geht es zuerst einmal ans auspolieren. Ich habe am Anfang, wie auch schon beim Schleifen, W-Striche mit einem Drittel Überhang gemacht, aber der Rohling ist nur noch konkaver geworden. Bei der ersten Messung hatte ich noch einen Krümmungsradius von über 2 Kilometern und als der Spiegel auspoliert war, lag er nur noch bei 510 Metern. Das ist natürlich schon extrem wenig. Dem bin ich mit langen tangentialen Strichen und viel seitlichem Überhang begegnet – immer mit der Angst im Nacken, dass ich mir die Kante rund pflüge. Den Foucaultest hab ich mir deswegen auch gespart, denn bevor das Ding nicht wirklich plan ist, braucht man auch nicht an der Form oder an Zonen herumdoktern. Besser wäre es gewesen, ich hätte gleich am Anfang mehr seitlichen Überhang und längere Striche gemacht, dann wäre der KR nicht so klein geworden und ich hätte sehr vieles an Zeit gespart. Naja, beim nächsten Mal weiß ich es dann besser.
Am Ende musste der Rohling dann klein beigeben. Der Krümmungsradius liegt bei ungefähr 11-14 Kilometern, je nachdem halt. Die Bestimmung des äußeren Fokus war kein Problem, der innere dagegen wollte nicht so wie ich wollte. Bei der Bestimmung des KR bei 10° Messwinkel war ich nach 0.5mm vom horizontalen Fokus in den mittleren gelangt, so dass die Distanz zwischen den beiden astigmatischen Foki im schlimmsten Fall 3mm beträgt. Das macht einen KR von 11km. Aber ob jetzt 11 Kilometer oder 14 Kilometer macht nicht wirklich einen Unterschied. Hier mal der Fehler, der sich durch den Astigmatismus des Fangspiegels bei gegebenem Krümmungsradius ergibt:
KR | Strehl |
---|---|
02 km | 0.797 |
03 km | 0.904 |
04 km | 0.945 |
05 km | 0.964 |
07 km | 0.982 |
10 km | 0.992 |
Daher hab ich beschlossen, den Spiegel einfach so zu lassen. Die Test auf Sphäre war eigentlich in Ordnung, auch wenn ich nahe am Rand einen kleineren Wulst hab. Den krieg ich aber nicht weg. Die Schnittweite liegt bei 0.6mm und weil der Foucault ein Nulltest im Doppelpass ist, ist der Fehler in Wirklichkeit kleiner, als es den Anschein hat.
Nachdem ich noch eine Weile am Spiegel rumgetestet hab, aber immer zu den gleichen Ergebnissen gekommen bin, hab ich mich entschlossen, das Ding so zu lassen und zum Verspiegeln zu schicken.