15.03.2004 Rekord beim Messiermarathon




Heute Nacht sollte es soweit sein. Nachdem ich Mitte Februar einen Probelauf gestartet habe und 98 und von 100 möglichen Objekten geschafft hatte, sollte es heute Abend ernst werden. Da der Text ein wenig lang wird, möchte ich schnell das Ergebnis vorweg nehmen: Ich habe 108 von 108 möglichen Objekten geschafft. Das ging aber nur, weil die Horizontsicht so gut war, dass ich z.B M7 in einer Höhe von nur 1.5° !! sichten konnte. Genauso war es mit M69 und M54, die eine Höhe von 2° hatten. Doch nun zu der wohl besten Nacht meines Lebens...

Gegen 19:00 Uhr war ich an meinem Stammbeobachtungsplatz in 460mNN. Schon auf dem Weg dorthin verfolgten mich die ganze Zeit ein paar Zirruswolken, aber nach allen Wettermodellen sollten die sich im Laufe der Nacht auflösen, was sie dann auch taten. Oben angekommen stellte ich schnell meinen Dobson auf und machte mich erstmal auf den Weg zu Merkur, der in ein 4° Höhe über dem Horizont dahindümpelte. Ich war überrascht, wie einfach er doch zu sehen war. Ich verfolgte ihn, bis er in 2° Höhe hinter einer Hügelkuppe verschwand. Dann war der Weg frei für eine Venuszeichnung.

Gegen 19:45 ging es dann los. Ich hatte schon Bedenken wegen M74, also bin ich erstmal zu M77 und M79 gehoppt, die auch ohne Probleme zu erkennen waren. Dann war M74 dran. Bei 100x zeigte sich dann ein sehr schwacher, diffuser Lichtfleck, der indirekt aber eindeutig zu erkennen war. Somit waren schon mal alle kritischen Abendobjekte beobachtet. Die nächsten 30 Objekte waren dann in einer halben Stunde erledigt, da ich die Positionen alle im Kopf hatte. Sozusagen M-cubed.

Dann kamen erstmal schwierige Objekte an die Reihe. Zum Glück hatten sich Zirruswolken verzogen und es wurde eine extrem klare Nacht, wie man sie hier nur selten erlebt. Deshalb hab ich mich erstmal dem Pferdekopfnebel gewidmet und eine Zeichnung angefertigt. Dann kam der Supernovaüberrest IC 443 im Sternbild Zwillinge an die Reihe, auf den mich Matthias J. in einem seiner letzten Berichte gebracht hat. Ich war überrascht, wie einfach der Kopf des Nebels mit einem UHC zu erkennen war. Sonst hört man immer, dass man mindestens ein 30cm Teleskop benötigt. Braucht man aber nicht, 20cm reichen auch!! Auch hiervon hab ich eine Zeichnung gemacht. Anschließend hab ich mich ins Sternbild kleiner Hund verzogen, der nicht gerade für seine Deep Sky Objekte bekannt ist. Aber immerhin konnte ich 2 Sternhaufen und 4 Galaxien darin erlegen.

Mittlerweile hatten wir 22:30 und so ging es weiter mit dem M-Marathon. In den folgenden 25 Minuten hab ich mich dann durch den Virgohaufen gewühlt. Da hätt ich jetzt glatt mal ne Frage: Ist das der Virgohaufen oder der Comahaufen?? Das frag ich mich nämlich jedesmal!!

Naja, nachdem die 25 Minuten rum waren, hab ich meinen Dobson in Richtung "The Box" geschubst. Eine sehr schöne, aber auch sehr schwierige Galaxiengruppe. Immerhin besteht sie fast nur aus länglichen Galaxien, was sehr schön aussieht. Allerdings verenkt man sich bei der Beobachtung teilweise fast die Augen.

Danach hab ich mich in die Wasserschlange aufgemacht und dort ein paar sehr schwache Galaxien beobachtet. Man glaubt gar nicht, wieviele Galaxien man hier findet. Sehr zu empfehlen ist die Gruppe um NGC 2698. Dort scharen sich 5 schwache Galaxien um einen 7mag hellen, orangefarbenen Stern. Sieht sehr schön aus. Irgendwie bin ich dann immer mehr in tiefe Regionen abgetaucht, und ohne es zu merken war ich an der Grenze zu Antlia. Also warum nicht mal hier ein paar Galaxien beobachten. Die Horizontsicht war so gut, dass es mich gewurmt hat, keine Karte von diesem Sternbild zu besitzen. Also konnte ich nur die Galaxien beobachten, die an der Grenze zur Wasserschlange lagen. Naja, immerhin kenne ich jetzt so ungefähr 5 Galaxien in diesem für unsere Breiten nicht gerade typischen Sternbild.

Was ich dann gemacht hab, weiß ich schon gar nicht mehr, auf jeden Fall gings um 01 Uhr mit ein paar M- Objekten im Herkules und Leier weiter. Nach 10 Minuten war das Thema abgehakt und ich hab beschlosssen, mich mal durch den Löwen zu wühlen. Also meine Karten ausgepackt, in der alle Galaxien bis 13m5 verzeichnet sind. Man sollte es nicht für möglich halten, wie viele Galaxien es dort gibt. Ich hab mich dort knapp anderthalb Stunden lang aufgehalten und hab nur einen Bruchteil gesehen. Insgesamt dürften das so um die 30 Galaxien gewesen sein.

Um 02:44 Uhr rief dann wieder der Marathon. Also hab ich erstmal die ganzen Kugelsternhaufen im Schlangenträger abgearbeitet, dann gings zu M11 und M26, anschließend waren M4 und M80 im Skorpion fällig. Den Abschluss bildeten die Objekte im Schützen. M8 hatte dabei nur eine Höhe von 2.4°, war aber trotzdem recht gut zu erkennen. Um 03:17 war ich dann schon wieder fertig. 96 Objekte hatte ich schon , nun fehlten noch 12. Die waren allerdings alle noch unter dem Horizont, so dass ich beschlossen hab, mich ein wenig im Sternbild Herkules zu vergnügen.

Dort hab ich dann 10 neue Objekte besucht, hauptsächlich Galaxien. Als hätte ich heute noch nicht genug gesehen. Obwohl sie alle Helligkeiten von ca. 13m3 hatten, waren sie total einfach zu erkennen. NGC 6146 hat mit knapp 400 Mio. Lichtjahren Entfernung den heutigen Rekord gehalten. Die Sommermilchstrasse zog sich mittlerweile total strukturiert und vor allem recht hell bis zum Horizont hinunter. Auch einen sehr schönen Pn, nämlich NGC 6058 konnte ich beobachten. Er erschien mit OIII als eine kleine, aber helle Scheibe, die mit 13m3 angegeben war. Wirkt aber viel heller, wie immer bei Pn´s.

Um kurz nach 04 Uhr hab ich mich dann in Richtung M6 aufgemacht, der mittlerweile schon eine beachtliche Höhe von 3° über dem Horizont erreicht hatte. Dann gings in aller Ruhe weiter zu M22 und M28, auch M15 durfte nicht fehlen. Um 04:29 hab ich dann M7 gesichtet, der knapp über den Bäumen einer entfernten Kuppe stand. Um kurz vor 5 Uhr konnte ich dann M54 und M70 beobachten, die auch nur eine Höhe von ca. 2° hatten. M 69 hatte ich schon um 04:46 Uhr erledigt, in einer Höhe von 1.8°. Anschließend gings weiter zu M72 und M73, die mit Abstand die schwierigsten Objekte waren. Wenn ich da nur ein paar Minuten später hingekommen wäre, hätte ich sie verpasst. Sowas von extrem schwach!!! M2 war hingegen auch in der beginnenden Dämmerung kein Problem. Dann gings zum letzten Objekt. Schon total im Stress hab ich verzweifelt einen Anlaufpunkt für M75 gesucht. Der steht ja sowas von blöd. Keinerlei helle Sterne außen rum. Also hab ich mit Hilfe des Karkoschka einen 16° Starhop in Rekordzeit gemacht. Dann bin ich aus Versehen noch einmal falsch abgebogen. Mittlerweile standen mir schon die Schweißperlen im Gesicht, da ich dieses Objekt unbedingt noch haben wollte. Ich alleine gegen die Dämmerung, die unaufhaltsam näher kam. Stress pur!!! Um 05:19 Uhr konnte man dann aber einen erlösenden Freudenschrei hören. M75 stand als recht heller, diffuser Lichtfleck in meinem Okular!! Es war geschafft. Danach musste ich erstmal meine Gedanken sammeln und mir den Schweiß von der Stirn wischen. Ich hatte tatsächlich 108 von 108 möglichen Objekten beobachtet!!

Voller Freude über den Erfolg hab ich mir dann nochmal ein paar helle und vor allem hochstehende Objekte wie M13, M3, M27 usw. angeschaut, bevor ich mich auf den Heimweg hinunter ins Rheintal gemacht hab.

Alles in allem war das die mit Abstand beste Nacht in meinem Leben, die ich mit Sicherheit nicht mehr vergessen werde. Ich konnte heute Nacht mit Sicherheit an die 200 Objekte beobachten, viele schöne Sachen bestaunen, Action war auch mehr als genug geboten und nicht zuletzt ist da auch noch die Freude über den Erfolg beim Messiermarathon.

Deutscher Meister im Messiermarathon!!! :))) (Wenn auch nur inoffiziell)