13.04.2004 500 Millionen Lichtjahre in die Ferne




Heute hatte ich wieder eine wunderbare Nacht oben auf dem Hohloh in knapp 1000mNN. Wie immer lag noch Schnee und auch die Temperaturen lagen mit -2°C auch wieder im frostigen Bereich. Außerdem blies ein mäßiger Nordostwind daher, der die Temperaturen noch viel kälter gemacht hat, als es ohnehin schon war. Allerdings kein Vergleich zu den -11°C vor fast genau zwei Wochen. Der Himmel war aber wieder total super, so dass ich solche Temperaturen gerne in Kauf nehme.

Als es langsam Abend wurde, hab ich mir überlegt, ob ich denn jetzt auf den Hohloh fahren sollte, oder nicht. Zum einen war ich von der vorangegangen Nacht mit Udo aus Heidelberg mit seinem 20 Zoll Dobson noch ziemlich müde und am nächsten Morgen wäre wieder um 5 Uhr aufstehen angesagt, aber andererseits erstrahlte der Himmel in einem fast wolkenlosen Blau. Und da ihr mich ja alle kennt, muss ich ja nicht sagen, dass mich solche Kleinigkeiten nicht von einer Beobachtungsnacht abhalten. Also zuerst mit meiner kleinen Schwester diskutiert, wer denn jetzt heute Abend das Auto bekommt, und als ich gewonnen hatte, hab ich mein Zeugs ins Auto geschmissen und mich auf den Weg in den Schnee gemacht. Als ich losgefahren bin, sind mir im Norden und Westen Wolken aufgefallen und ich fühlte mich spontan an letzte Nacht erinnert, als das gleiche passiert ist. Aber als ich dann aber oben war, hatten sich auch die letzten Wolken verzogen und es konnte ans aufbauen gehen.

Danach stand erstmal Venus auf dem Programm, aber vor lauter Wabern war nur die Form erkennbar. Auch Mars zeigte eine Viertelstunde später außer ein paar dunklen Stellen, der nördlichen Polkappe, die anscheinend nun endlich sichtbar ist, nicht sehr viel. Aber erstens war ich zu faul zum Zeichnen, zweitens wollte ich nicht warten, bis der Spiegel völlig ausgekühlt ist und drittens sind Planeten eh nicht so recht mein Ding.

Dann gings erstmal zu den hellen Vorzeige- Objekten, aber nur so lange es noch nicht richtig dunkel war. Als um 21.40 Uhr dann endlich die Sonne 14° unter dem Horizont stand, gings ab in den Virgohaufen, denn ich heute so richtig auseinander genommen hab. Insgesamt 60 Galaxien, ob groß oder klein, hell oder schwach, rund oder in Nadelform hab ich in den nächsten 2 Stunden beobachtet. Jetzt hab ich auch endlich das Projekt Virgohaufen abgeschlossen, denn nun liegen mir Beschreibungen von knapp 100 Galaxien bis zu einer Helligkeit von 13m5 in einem Feld von nur 5x7° vor. Das ist ein tolles Gebiet für ausgedehnte Streifzüge durch die Welt der Galaxien. Unter diesen Galaxien gibt es sehr viele schöne Pärchen und Gruppen, die man in keinem Buch beschrieben findet. Außerdem findet man viele "Lichtnadeln", also Galaxien in Kantenlage, die auch kein Mensch kennt. Mit meinem nächsten Bericht kann ich hoffentlich diese Lücke schließen. Ich hoffe, der ein oder andere von euch unternimmt auch mal einen Streifzug durch diese Gegend, es lohnt sich wirklich.

Mittlerweile war es Mitternacht geworden und ich hab beschlossen, die "Walfisch- Galaxie" und die "Haken- Galaxie" zu besuchen, um sie mal richtig unter die Lupe zu nehmen. Ich kannte sie zwar schon, aber dieses mal bin ich ihnen mit 150x zu Leibe gerückt, damit mir auch ja nichts entgeht. Beide Galaxien bilden ein wunderbares Pärchen in den Jagdhunden, das man bei genügend kleiner Vergrößerung auch zusammen im Gesichtsfeld bewundern kann. Die "Walfisch - Galaxie" (NGC 4631) erscheint bei 150x als dicker und sehr heller Strich, dessen Form tatsächlich an einen Walfisch erinnert. Im Innern der Koma kann man ganz deutlich Strukturen ausmachen, helle Flecken, dunkle Stellen, was halt so alles dazugehört. Oben auf der Galaxien reitet ein kleines Sternchen, das man sich als Möwe vorstellen kann, die auf dem Buckel des Wales sitzt. Daneben findet man noch eine kleine, schwache Begleitgalaxie der Helligkeit 13m0.

Dann war die Hakengalaxie NGC 4656 (nicht zu verwechseln mit NGC 4565!!) an der Reihe. Vor einem Jahr hab ich hier nur eine schwache, längliche Galaxie erkannt, aber durch die immer stetig wachsende Beobachtungserfahrung konnte ich neben der hakenähnlichen Form auch Strukturen innerhalb der Koma erkennen. Hier sieht man ganz deutlich, wie sehr man das Gehirn (nicht das Auge!!) trainieren kann, um immer schwächere Strukturen zu erfassen. Diese Galaxie leg ich auch mal jedem ans Herz!!!

Nachdem ich nun mal zur Abwechslung zwei helle Objekte beobachtet hatte, gings noch kurz zu den Kugelsternhaufen M3 und M13, dann zu ein paar hellen Galaxien in den Jagdhunden und zum Schluss noch zu M99, wo ich nach längerem Hinsehen sogar einen sehr schwachen Spiralarm ausmachen konnte. Auch eine kleine Verdichtung in der Koma war zu sehen.

Dann war aber mal wieder genug mit hellen Objekten, und so gings in die "nördliche Krone". Dieses Sternbild hat eigentlich keine Deep Sky Objekte zu bieten, zumindest, wenn man den allermeisten Büchern glauben darf. Doch mit sowas geb ich mich nicht zufrieden, denn in jedem Sternbild kann man was finden. So auch hier, denn insgesamt findet man 5 Galaxien. Ok, sie sind alle sehr lichtschwach (ca. 13m7), aber zumindest eine der Galaxien, nämlich NGC 5958 ist mit 13m2 ein leichtes Objekt. Leider konnte ich nur 4 davon beobachten, da sich eine hartnäckig der Beobachtung entzogen hat. Auch nach 5 Minuten angestrengtem Beobachten war nichts zu sehen. Da muss jetzt eine genaue Aufsuchkarte her, denn so leicht lass ich mich nicht unterkriegen, zumindest nicht von einer Galaxie der Helligkeit 13m8.

Auf jedenfall gings nach diesem "Fehlschlag" ins Sternbild Bootes, das auch sehr viele Galaxien beherbergt. Das war auch die letzte Station meiner Reise, da sich am Himmel gegen 2 Uhr nachts immer mehr Wolken ankündigten. Also hab ich noch ein paar lichtschwache Galaxien, davon zwei mit einer Helligkeit von 14m0 (ha, endlich hab ich die Grenze von 14mag geknackt, freu!! )) ) beobachtet, darunter eine sehr schwache Vierergruppe. Einige der Galaxien sind bis zu 330 Mio. Lichtjahre von uns entfernt. Ich bin ja immer noch auf der Suche nach der entferntesten Galaxie, die man mit 8 Zoll beobachten kann und tatsächlich hab ich einen Kandidaten gefunden PGC 53765, der ca. 490 Mio. Lichtjahre von uns entfernt ist und mit einer Helligkeit von 13m3 ein recht einfaches Objekt sein sollte. Übrigens auch wieder im Sternbild Bootes zu finden!!

Eine kleine Quasarjagd hab ich auch wieder gemacht, konnte aber nur einen von dieser seltenen Sorte erlegen. Zu finden ist er im Sternbild Luchs und hat bei einer Entfernung von 1.2 Mrd. Lichtjahren eine geschätzte Helligkeit von 14m1, ist also mit indirektem Sehen ein sehr einfaches Objekt.

Um kurz vor zwei Uhr hab ich dann noch eine kleine, nächtliche Schneewanderung auf den Hohlohturm unternommen und mir das Murg- und Rheintal von oben angeschaut. Ich finde es immer wieder schön, wenn die vielen kleinen bunten Lichter zwischen den Bergkuppen hervorglitzern.