17.09.2004 Die "Nacht der Sterne" Teil 2, unbekannte OHs in Cygnus




In der langen Nacht der Sterne konnte ich vielen Besuchern den Himmel zeigen, aber ich wollte auch noch ein wenig auf meine Kosten kommen. Nachdem die meisten Leute ja bis Mitternacht gegangen waren, war ich eigentlich ganz froh, dass ich endlich heim konnte, da ich doch noch einiges an Schlaf nachzuholen hatte. Aber wenn klares Wetter ist, bin ich nicht mehr zu halten. So auch wieder gestern Abend. Ich musste einfach noch beobachten gehen. Nachdem ich so vielen Leuten den Himmel näher gebracht hatte, darunter auch den Asteroiden Toutatis mit einer Entfernung von 10 Mio. Kilometer (was die meisten Besucher sichtlich beeindruckt hat), wollte ich auch noch ein wenig für mich den Himmel genießen. Da ich nicht viel davon halte, von unten aus dem Rheintal Deep Sky zu machen, hab ich mich kurzerhand entschlossen, noch nach VB zu fahren.

Also bin ich kurz heim, hab den Grill ausgeladen, mir noch ein paar warme Klamotten eingepackt und dann konnte es auch schon losgehen. Oben in Völkersbach bin ich dann auf "MatthiasP" gestoßen, der schon mit Aufnahmen von NGC 281 beschäftigt war. Nachdem wir eine Weile gequasselt hatten, hab dann auch ich mein Dobson aufgebaut und mich der Region um Gammy Cygni gewidmet, die voll von Sternhaufen ist, nur weiß das kaum jemand. Man findet dort allerdings nur einen einzigen Haufen aus dem NGC Katalog, nämlich NGC 6910, recht klein, mit vielen helleren Sternen.

Anschließend kamen die unbekannten Haufen. Die meisten waren aus dem Katalog von Dolizde, daraus konnte ich ca. 10 Stück beobachten. Die meisten Sternhaufen sind nur schwer als solche zu identifizieren, man könnte sie eher für eine dichtere Milchstraßenregion halten. Besonders groß ist Do43, der einen Durchmesser von über 30’ hat. Auch dieser ist kaum als Sternhaufen zu erkennen, da er extrem locker konzentriert ist. Überrascht war ich von Do10, der mit seinen vielen hellen Sternen wirklich sehr schön anzusehen ist. Auch Do11 ist recht nett, wenn auch ein ganzes Stückchen kleiner. Ebenfalls sehr schön ist Do2, der sich ein wenig abseits von Gamma Cygni befindet. Bei 50x ist er als kleiner, körniger Lichtfleck erkennbar, bei 100x sind dann ca. 15 bis 20 schwache Sternchen auszumachen. Zu den kleineren, aber interessanten Objekten gehört zum Beispiel Do9, der wie eine Miniaturausgabe von Messier 29 aussieht. Auch Do40 ist mit vielen schwachen Sternen schon bei einer Vergrößerung von 50x als körniger Lichtfleck auszumachen. Nur mit viel Phantasie kann man dagegen Do41 als Sternhaufen ausmachen, in den teilweise der ebenfalls sehr unbekannte Sternhaufen Be85 hineinragt. Dieser ist wesentlich deutlicher zu sehen. „Be“ ist übrigens das Kürzel vom sogenannten „Berkeley- Katalog“. Aus diesem Katalog findet man in dieser Region ebenfalls einen weiteren schönen Sternhaufen, nämlich Be87, bei 100x sehr schön aufgelöst und deutlich von der Umgebung abgegrenzt. Die meisten Objekte aus diesem Katalog sind sehr schwierig und mit 8 Zoll normalerweise nicht zu beobachten, es gibt aber auch ein paar rühmliche Ausnahmen. Sehr überrascht war ich von dem sehr großen Sternhaufen Roslund 6 (Ro6) , der sich ungefähr 2 Grad von Gamma Cyg entfernt befindet. Hier muss man aber auf jeden Fall eine sehr kleine Vergrößerung anwenden, um den Sternhaufen als solchen gut ausmachen zu können. Es sind ungefähr 50 Sterne sehr unterschiedlicher Helligkeiten erkennbar, wobei aber die meisten recht hell sind. Diesen Sternhaufen kann ich nur jedem mal empfehlen. Ein schwierigeres Objekt war hingegen IC 1311, der nur bei 150x als schwach leuchtende Wolke und auch nur mit indirektem Sehen erkennbar war. In Momenten ruhiger Luft blitzten dann einige wenige extrem schwache Sternchen aus dem Hintergrund hervor. Wieder ein sehr schönes Objekt war Cr419. Hier erkennt man bei 150x eine dichte Wolke aus sehr schwachen Sternen, die einen 5mag Stern umgeben. Das sieht wirklich hinreißend aus. Sehr schwach ist hingegen wieder ClvdB130, der nur mit Mühe und hoher Vergrößerung zu sehen ist. Aber bei dem Namen kann man auch nicht sonderlich viel erwarten. Je länger und komplizierter der Name, umso schwieriger das Objekt. Eine Ausnahme machen hier allerdings die Sternhaufen, die so klangvolle Namen wie SkiffJ0058.4+6828 tragen. Dieser Offene Sternhaufen befindet sich übrigens im Sternbild Cepheus und macht bei 150x wirklich einen schönen Eindruck.

Das wars dann auch schon mit den Sternhaufen. Ich hab zwar noch ein paar mehr beobachtet, aber die genauen Beschreibungen gibt es irgendwann später. Nach so vielen Sternhaufen bin ich erst mal wieder zu Matthias gewandert, um mich über den Fortschritt seiner Aufnahmen zu informieren. Schon die Rohbilder sahen sehr vielversprechend aus. Ich freu mich schon auf das fertige Bild, das er wohl bald hier vorstellen wird. Nach einer weiteren Gesprächsrunde mit ihm war mir dann nach einem Kometen.

Da ich Neat schon von Durmersheim aus gesehen hatte, sollte es nun C/2004 Q2 Machholz sein, der um 04.10 Uhr in einer Höhe von 11° über dem Horizont herumdümpelte. Die Position konnte ich aus dem Gedächtnis schnell finden und schon bei 100x zeigte er sich als helleres Wölkchen. Manchmal meinte ich, den Kometen leicht elongiert zu sehen, war mir da aber nicht so sicher. Auch Matthias sah den Kometen zum ersten Mal und war erstaunt, wie hell er schon ist. Natürlich hab ich auch wieder eine Zeichnung gemacht, die ich noch nachreichen werde. Der Komet hat momentan übrigens eine Helligkeit von 10.2 mag und eine Entfernung von 260 Millionen Kilometern. Beeindruckend fand ich übrigens, dass man die Positionsveränderung schon nach einer dreiviertel Stunde deutlich erkennen konnte.

Pünktlich um 04.30 Uhr tauchten dann auch die ersten Wolken aus Nordwesten auf, die sich glücklicherweise aber noch sehr tief am Horizont herumdrückten. Ich finde es immer wieder beeindruckend, wie genau Bolam2000 die Wolken vorhersagt. Nachdem es die ganze Zeit fast windstill war, kam nun auch leichter Wind auf, der im Laufe der nächsten Stunde immer stärker wurde und die herannahende Front ankündigte.

Eigentlich wollte ich mir jetzt den einzigen Sternhaufen im Pegasus anschauen, konnte ihn aber in meiner Uranometria 2000.0 nicht finden. So bin ich dann eben zu dem Galaxienhaufen Pegasus I gehoppt, der sich in einer Entfernung von ca. 200 Mio. Lichtjahren befindet. Eigentlich hatte ich nicht gedacht, außer den beiden Hauptgalaxien viel zu erkennen, aber ich wurde eines besseren belehrt. Die beiden hellsten Galaxien (mit ca. 12mag) sind sehr einfach zu beobachten, es handelt sich hier um NGC 7619 und um NGC 7626. Die anderen Galaxien sind mit Helligkeiten von 13-14 mag ein wenig schwerer, aber immer noch gut zu machen. Immerhin konnte ich 6 Galaxien ausmachen, dann sind Wolken aufgezogen und so musste ich die Beobachtung abbrechen. In der nächsten klaren Nacht werde ich mir dieses Objekt noch mal vornehmen und dann auch gleich Pegasus II mitnehmen, der sich nur wenig entfernt davon befindet.

Da ich nun wieder vom Galaxienhaufenfieber infiziert worden bin, dachte ich mir, dass ich doch einfach mal den Perseus Cluster unter die Lupe nehmen könnte, da ich hier bei der letzten Beobachtung von vor einem Jahr nur die zwei hellsten Galaxien ausmachen konnte. Dieser Galaxienhaufen befindet sich in einer Entfernung von ca. 300 Millionen Lichtjahren und hat einen Durchmesser von 10 Mio. Lichtjahren. Mit Hilfe der Karten aus der Uranometria 2000.0 war der Haufen schnell gefunden und es konnte mit der Beobachtung losgehen. Wenn man von den beiden hellsten Galaxien NGC 1272/75 absieht, sind die anderen Galaxien recht schwer. Trotzdem konnte ich bei einer Vergrößerung von 150x insgesamt 21 Galaxien beobachten und das mit einer Öffnung von nur 20cm.

So langsam kamen die Wolken näher und erlaubten mir nur noch einen Blick auf NGC 2403 mit der Supernova SN 2004dj. Wie schon in der letzten Nacht war die Supernova sehr gut zu sehen, obwohl sie schon viel an Helligkeit eingebüßt hat. Mittlerweile liegt sie bei 12.8 mag und hat seit Anfang August, als Tom und ich extra in den Schwarzwald gefahren sind, 1.2mag eingebüßt, damals lag sie nämlich bei 11.6 mag. Die Veränderung ist schon sehr deutlich zu sehen. Da der Himmel wunderbar klar war, konnte ich heute zum zweiten Mal die Spiralstruktur dieser wunderbaren Galaxie erkennen, eine Zeichnung wird noch nachgereicht. Das ist auch wieder so ein typisches Objekt für dunklen Himmel. Bei aufgehelltem Himmel ist die Galaxie kaum zu erkennen, bei sehr dunklem Himmel kann man die Spiralarme sogar recht einfach mit einem 20cm Teleskop ausmachen.

Tja, und dann machten die Wolken auch diese Region dicht. Matthias hatte mittlerweile mit dem Abbau begonnen, da nur noch der Osten frei war. Saturn und Venus standen schon sehr hoch am Himmel, so dass wir beide noch eine Planetenbeobachtung durchgeführt haben. Saturn stand bei dem sehr guten Seeing wie eingebrannt im Okular. Kein Wabern, kein Zittern, nichts!! Nebenbei konnten wir noch mehrere Monde sehen. Auch Venus zeigte sich als kleines Scheibchen, das zu 65% beleuchtet war. Natürlich knallhell.

Ich hab dann noch auf Merkur gewartet, der sich um 06.10 Uhr als heller Lichtpunkt in der Morgendämmerung zeigte. Natürlich konnte man bei einer Höhe von nur 2° nicht viel erkennen, außer ein kleines, extrem stark waberndes Scheibchen, das in allen Farben aufleuchtete.

So ging dann auch diese Nacht zuende, mittlerweile war es 06.30 Uhr und ich machte mich glücklich und zufrieden auf den Heimweg. Die Wolken ließen jetzt nur noch einen kleinen Streifen am östlichen Horizont frei, genau wie vorhergesagt und wenig später leuchtete der Himmel wie Feuer in einem wunderbaren Rot.