Heute Nacht war es endlich mal wieder klar und so stellte ich mein 20cm Dobbi nach draußen und wartete auf die Nacht. In
den Weinbergen angekommen, wurde aufgebaut und dann ging es auf zum Komet 41/P Tuttle-Giacobini-Kresak, der gerade
den Abendhimmel ziert. Der Komet war geschätzte 10.5mag hell und sah wie ein kleines, diffuses Bällchen aus.
Den Mond konnte man vergessen, dazu war das Seeing einfach zu schlecht. Es lag wohl daran, dass er direkt über Mannheim
stand und von dort steigen ja sehr viele Warmluftblasen auf. Also hab ich mich auf den Weg gemacht und bin weiter nach
oben gelaufen. Dort hat man einen super Überblick über die Rheinebene: Mannheim mit den Industrieanlagen, einfach genial.
Es macht super viel Spaß, mit dem Fernglas die rauchenden Schlote anzuschauen und das Blaulicht der Polizei durch die
Straßenschluchten zu verfolgen. Den Anblick werde ich vermissen, wenn ich in zwei Monaten hier wegziehe, auch wenn er mit
Astronomie nichts zu tun hat.
Dann endlich war die olle Knolle weg und immer mehr Sterne kamen zum Vorschein. Zuerst bin ich in die Unart verfallen, nur
die bekannten Objekte aufzusuchen. Albiereo, Ringnebel, Cirrus, Messier 29 usw. War wirklich schön, aber dann dachte ich:
Mensch, bist du langweilig geworden! Schau endlich mal wieder Dinge an, von denen du gar nicht mehr weißt, dass es sie gibt,
so wie früher. Gesagt getan, und hier der Bericht:
Cygnus OB 12 und 8-Cluster:
Die Cyg OB-Assoziation ist in Wirklichkeit ein Kugelsternhaufen, der aber hinter dichten Staubwolken verborgen ist und von
dem wir nur die hellsten Sterne sehen. Es ist der uns nächste Kugelsternhaufen, mit einer Entfernung von knapp 7000
Lichtjahren und einem Durchmesser von 3°. OB 12 ist der hellste Stern dieses noch sehr jungen Clusters und weist eine
scheinbare Helligkeit von 11mag auf, wird durch den Staub aber um ebenfalls 11mag geschwächt, so dass er so hell wie Deneb
leuchten würde, wäre der Staub nicht da. Der 8-Cluster besteht aus vier oder fünf Sternen, die ebenfalls wahre Giganten sind.
Bis zu 50.000°C heiß und bis zu 2 Millionen mal so hell wie die Sonne. Hier ist der Staub nicht ganz so dicht, so dass sie mit
10mag leuchten. Es ist zwar beobachtungstechnisch nicht sonderlich interessant, diese Sterngruppe anzuschauen, aber mit dem
Hintergrundwissen ist dieses Objekt was ganz besonderes, das kaum jemand kennt.
NGC 7000:
Der Nordamerikanebel: mit dem UHC-S und kleinster Vergrößerung sehr einfach zu sehen, besonders die Bucht. Auch die
Cygnus-Wall hob sich ein wenig von den Nebelmassen ab, die mehr als ein Gesichtsfeld ausfüllten. Wie habe ich mir früher
die Ohren abgebrochen, um dieses Dings zu sehen, aber wenn man weiß, wie man ihm auf die Pelle rücken muss, ist der
Nordamerikanebel nicht sonderlich schwer.
NGC 6997:
Im Nordamerikanebel selbst gibt es einen wunderschönen offenen Sternhaufen, der schon bei kleiner Vergrößerung wie glitzender
Sternstaub aussieht. Bei 100x kann man den Haufen dann in über 30 Sterne auflösen, die alle die gleiche Helligkeit haben und
inmitten der leuchtenden Gasmassen eingebettet sind.
Collinder 428:
Am Rand des NA-Nebels findet man einen weiteren Sternhaufen, der sich um einen hellen Stern gruppiert. Bei 100x sind hier
fast 20 Sterne zu erkennen.
Barnard 352/3:
Am Nordrand des Nordamerikanebels findet man diese zwei Dunkelwolken, die mit zu den schönsten am ganzen Himmel gehören.
Schon bei 50x fällt auf, dass hier Sterne fehlen, bei 100x gleicht das einem schwarzen Loch. Es sind einfach keine Sterne
zu sehen, während um die Dunkelwolken herum hunderte von Sternchen glitzern.
Baractova 1:
Wer diesen Sternhaufen nicht kennt, sollte ihn sich wirklich mal anschauen. Ein absolutes Prachtstück, wenn auch mit einem
sehr unbekannten Namen. Insgesamt 40 Sterne verteilen sich über eine Fläche von 20 Bogenminuten, in der Mitte steht ein
heller Stern, der mit den schwachen Sternchen um die Wette funkelt.
NGC 7048:
Nur einen kleinen Sprung entfernt steht dieser Planetarische Nebel, der als kleines Scheibchen zu erkennen ist. Er ist
relativ hell, einen Zentralstern kann man aber nicht erkennen.
NGC 7062:
Wenn man schon mal in der Ecke ist, sollte man sich diesen Sternhaufen auf keinen Fall entgehen lassen. Ein körniges
Bällchen aus glitzerndem Sternenstaub, der sich an einen hellen Stern anschmiegt. Ich hab den Sternhaufen "Pacman" getauft,
weil an der einen Seite ein Stückchen fehlt, als hätte jemand reingebissen.
NGC 7008:
Nun ging es weiter nach Norden. Nach einem kurzen Besuch bei Messier 39 war dieser Planetarische Nebel an der Reihe, der mit
zu den schönsten am ganzen Himmel gehört. Es ist ein Rauchkringel, an dessen Rand ein heller Stern steht. Der Nebel selbst
erscheint kreisrund und ist im Zentrum deutlich dunkler. An einer Seite wurde ein Stückchen rausgebissen, der Donat ist also
nicht ganz geschlossen. Zudem erkennt man einen hellen Knoten im Ring, der wie ein Geschwür aussieht. Sollte man unbedingt
gesehen haben.
Gamma-Cygni-Nebel:
Diesen Nebel findet man immer nur auf Photos, aber kaum jemand weiß, dass man ihn auch relativ gut beobachten kann. Kleinste
Vergrößerung und UHC reingeknallt und schon konnte es mit Field-Sweeping losgehen. Die beiden Teile waren schön zu erkennen.
Ich bin immer wieder von der Ausdehnung überrascht. Smile Die Dunkelwolke im Zentrum war auch toll!
NGC 6910:
Ein Ministernhaufen mit einer sehr ungewöhnlichen Form findet man ebenfalls direkt bei Gamma Cyg. Es ist verwunderlicht, dass
er sehr unbekannt ist, wenn man bedenkt, wie hell und wie einfach er zu finden ist. 15 Sterne ordnen sich hier y-mäßig an,
inmitten der dichten Milchstrasse und vieler heller Sterne in der Umgebung. Ein sehr schöner Anblick.
Collinder 419:
Ähnlich wie Collinder 428, da sich auch hier viele recht schwache Sternchen um einen hellen anordnen, als würden sie ihm
huldigen. wink
NGC 6888:
Der Crecsent-Nebel, auf jeden Fall einen Besuch wert. Hier bläst ein 100.000 Kelvin heißer Stern Gaswolken in den Weltraum
und erzeugt diesen wunderschönen Nebel, der bei 100x und UHC wie eine Sichel aussieht. Auch leichte Helligkeitsabstufungen
und Strukturen waren erkennbar.
So, nun gehts an den zweiten Teil der Nacht, die ich in meinem absoluten Lieblingssternbild verbracht hab: der Cassiopeia.
Hier findet man über 100 Sternhaufen, viele Gasnebel, Planetarische Nebel und auch die ein oder andere besondere Galaxie.
Man kann sich also locker eine komplette Nacht nur diesem einen kleinen Sternbild widmen und hat hinterher immer noch nicht
alles gesehen...
NGC 281:
Der Pacman-Nebel. Eine tolle Aufnahme findet ihr übrigens auf der Homepage von MatthiasP, also schaut mal rein. Visuell sieht
man mit einem 20cm Dobs einen schwachen Nebel, der mit indirektem Sehen aber gut zu erkennen ist. Um die schöne Dunkelwolke
einwandfrei ausmachen zu können, braucht es aber einen richtig dunklen Himmel, so dass ich sie gestern nur schemenhaft
erkennen konnte. Um den hellen Stern im zentrum scharen sich noch ein paar schwächere, aber ich hab immer noch nicht
rausgefunden, ob das wirklich ein Sternhaufen ist oder nicht.
NGC 457:
Der Eulensternhaufen, mein absoluter Lieblingssternhaufen. Normalerweise ist er immer das letzte Objekt, das ich mir anschaue,
aber gestern konnte ich mir das nicht verkneifen. Es ist immer wieder wunderschön, die Umrisse der Eule zu sehen und die
leuchtenden Augen, die gelblich in den samtschwarzen Himmel strahlen. Der Bauch ist voller kleiner Sterne, die wie Federn
aussehen, die ausgebreiteten Schwingen und der kleine Ast zu Füßen der Eule, auf dem sie gerade landet.
NGC 433:
Da ich sowieso schon in dieser Ecke war, hab ich kurz bei diesem kleinen Haufen vorbeigeschaut, der aus 10 Sternchen besteht,
die sich in einem rundlichen Knäuel angeordnet haben.
NGC 7789:
Das ist ein ganz besonderes Highlight für Teleskope ab 20cm Öffnung. Ein sehr reicher Offener Sternhaufen mit 250 schwachen
Sternen. Als hätte man einen Salzstreuer ausgeschüttet. Bei 100x zoomt man schon richtig in den Sternhaufen rein und es kommen
immer noch mehr Sterne zum Vorschein. Wer in der Cassiopeia unterwegs ist, sollte auf jeden Fall diesen Sternhaufen besuchen.
IC 10:
Obwohl es ein Objekt aus dem Index Catalog ist, verbirgt sich dahinter ein besonderes Objekt: eine Galaxie aus der lokalen
Gruppe. Sie steht in einer Entfernung von nur 4.2 Millionen Lichtjahren steht und damit nur wenig weiter entfernt ist als
Messier 33. Hier muss man aufgrund der geringen Flächenhelligkeit die kleinste Vergrößerung reinknallen, dann sieht man
mitten im Milchstrassengetümmel einen schwachen Lichtklecks.
Triple-Cluster: (so nenn ich das jetzt einfach mal )
Dieses besondere Objekt besteht aus den drei Sternhaufen NGC 133, NGC 146 und King 14. Alle drei passen bei kleinster
Vergrößerung locker ins Gesichtsfeld und sind dennoch schön voneinander getrennt. Sie bestehen aus jé 15 bis 20 Sternchen,
die aber allesamt sehr schwach sind. Man sollte diesem Objekt also schon mit 20cm auf die Pelle rücken, ein bisschen kleiner
tuts allerdings auch.
Messier 52:
Dann ein Schwenk in Richtung Cepheus. Auch diesen Sternhaufen sollte man nicht verpassen, denn weil er eine Messier-Nummer
trägt, ist er sehr sternreich und hell. Viele Sterne, bestimmt an die 50 Stück, sind durchsetzt mit schwächeren, die aber
erst bei höherer Vergrößerung zum Vorschein kommen. Direkt nebendran findet man übrigens Czernik 43, ein weiterer Offener
Sternhaufen, der aus 40 schwachen Sternchen besteht.
Bubble-Nebel:
NGC 7635, die Kaugummi-Blase in unserer Galaxie. wink Mit 100x und UHC war wie immer nur der hellste Bogen zu erkennen, der
sich direkt an dem hellen Stern befindet. Mehr ist hier mit 20cm einfach nicht zu wollen, aber das macht nix, denn schließlich
ist auch ne Viertel-Kaugummi-Blase schön anzusehen.
NGC 7538:
Das ist der sehr helle Nebel auf dem Bild. Er ist schon ohne Nebelfilter recht gut zu sehen, mit kommt er dann sehr deutlich
zum Vorschein. Er ist zudem viel einfacher als der Pacman oder der Bubble, liegt aber nicht mehr in der Cassiopeia, sondern
schon im Cepheus.
IC 1805:
Zum Abschluss ging es noch zum "Heart of the Ocean". Er heißt nicht wirklich so, aber mich erinnert der Nebel mit seiner
Herzform immer an den Film Titanic mit diesem Diamanten. *schnell wegduck* Nun ja, auf jeden Fall gehört das Objekt zu den
schwierigeren, die ein bisschen Beobachtungserfahrung erfordern. Der Nebel ist sehr groß, ausgedeht und besteht aus einzelnen
Komponenten. Daher: kleinste Vergrößerung rein, genaue Aufsuchkarte oder gar ein Bild ausdrucken und dann mit Field-Sweeping
durch die Gegend dobsen. Anders kommt man diesem Objekt nicht bei, also zumindest ich nicht. In der Mitte findet man übrigens
einen wunderschönen Sternhaufen, der auch schon mit kleinen Teleskopen super zu sehen ist.
Ja, und dann kam auch schon wieder die Dämmerung. Kaum isses dunkel, isses auch schon wieder hell! Außerdem hab ich wieder die
Lust am unbekannten gefunden, so dass ich den ausgetretenen Pfad der Messierobjekte verlassen werde und mich wieder auf die
Suche nach neuen, interessanten Objekte begebe.