15.12.2007 Adventures in Deep Space




Endlich mal wieder klarer Himmel, endlich mal wieder Zeit und dazu noch ziemlich auf Entzug. Also nix wie hoch in den Schwarzwald, trotz -5° und starkem Wind aus Ost bis Nordost. Beim Aufbauen dann gleich die erste Panne: eine größere Flügelmutter ist aus 1m50 Höhe auf meinen 33cm Hauptspiegel geknallt. Das war nicht mal das, was mich geärgert hat, sondern vielmehr der Umstand, dass die jetzt überall im Gras liegen konnte. Dann stand das Teleskop endlich und nach 20min war der Spiegel dann auch so weit ausgekühlt, dass man mit der Vergrößerung auf 190x fahren konnte. Ein erster Seeingtest am Polarstern zeigte schulbuchmäßige Beugungsringchen und auch, dass das Seeing wirklich erstklassig war.

Zuerst warf ich einen Blick auf 17P/Holmes, der schon fast gar nicht mehr ins Gesichtsfeld passte. Mit dem bloßem Auge war er immer noch als diffuser Blob zu erkennen, im Teleskop zeigte sich dann eine sehr große, doch recht dünn gewordene Koma, in welcher ein ebenso diffuser Schweif zu sehen war. Der stellare Kern war verschwunden und hatte einem diffusen Platz gemacht, der ab 130x zu sehen war. Nun ja, die besten Tage hat er wohl hinter sich. Dann ging es weiter zum nächsten großen Kometen: 8P Tuttle. Dieser war dann auch recht schnell gefunden, enttäuschte aber irgendwie. Hatte mir aufgrund der Helligkeit von 8.3mag ein wenig mehr versprochen. Die Helligkeit kommt eigentlich nur vom stellaren Kern, der von einer 7' messenden Koma umgeben ist, die insbesondere mit einem UHC-S (Kein UHC!!) gut zum Vorschein kam. So machte er dann doch einen recht schönen Eindruck, auch wenn leider kein Schweif zu sehen war.

Nach so viel Kometen hab ich mich dann erstmal ein wenig am Himmel ausgetobt und mir die ganzen hellen Dinge rein gezogen. Da waren die drei Aurigasternhaufen M36, 37 und 38, welche einfach nur genial aussahen. Insbesondere die punktfeinen Sternchen beeindruckten - wirklich ein klasse Seeing. Weiter ging es in die Cassiopeia, wo ich ebenfalls so ziemlich alle Sternhaufen abgraste, die ich auswendig konnte. Insgesamt dürften es wohl um die 15 gewesen sein. Darunter auch der Eulensternhaufen NGC 457, welcher einen genialen Anblick bot. Nachdem ich mit den Spiralarmen von Messier 33 vergnügt und ein paar HII Regionen darin beobachtet hatte, ging es weiter zu M31, in welcher ich ein paar Kugelsternhaufen jagte. Im Laufe der nächsten halben Stunde sah ich noch viele weitere Knaller.

Dann kam das erste schwierige Objekt des Abends: die Gx- Gruppe um NGC 70: Hier konnte ich 5 Galaxien in ca. 330 Millionen Lichtjahren Entfernung erkennen, wobei die drei hellsten doch sehr eng zusammenstehen und erst bei 190x gut getrennt waren. Die anderen Gx'en waren leider nicht auf meinem Ausdruck, da werd ich mich in einer der Folgenächte noch einmal dran machen.

Von dem Erfolg beflügelt, ging es ins Sternbild Dreieck, wo mich ein heftiges Objekt erwartete: Abell 278, ein Galaxienhaufen in 1.2 Mrd. Lichtjahren Entfernung. Es war klar, dass es aufgrund dieser Entferung wohl ein sehr schweres Objekt werden würde, aber wenn man schon ein Teleskop in dieser Größenordnung sein eigen nennt, sollte man dieses auch ruhig ausnutzen. Nun gut, die Position war schnell gefunden und mit 250x wurde die genaue Position festgenagelt. Hier war ich ein weiteres Mal sehr froh über meine Nachführplattform, weil man sich einfach aufs Objekt konzentrieren kann und alle Zeit der Welt hat. Nach zwei Minuten blitzte etwas sehr Schwaches, Diffuses auf, welches im Vergleich mit einem DSS Ausdruck eindeutig eine Galaxie des Haufens war. Nach wenigen Minuten konnte ich die Gx auch etwas länger halten. *freu* Das war dann auch schon die Einzige, welche ich in diesem extrem weit entfernten Haufen erkennen konnte - eine Riesenellipse! Damit habe ich dann auch meinen alten Rekord gebrochen: Eine normale Galaxie in 1.2 Mrd Lichtjahren Entfernung, der vorherige lag bei 1.05 Mrd. Lichtjahren!

Nach diesem großen Erfolg stürzte ich mich wieder unkontrolliert in die Wintersternbilder und ließ mir die schönsten Bilder von Sternhaufen und Gasnebeln auf die Netzhaut brennen. Dann war der Orion hoch genug gekommen und ich war einen ersten, richtigen Blick auf den Orionnebel: Wow! Da bleibt einem der Mund offen, bei 60x bläst es einem glatt die Dunkeladaption weg. Bei 130x zeigen sich mit UHC so viele Filamente, Strukturen und Dunkelwolken, dass es unmöglich ist, dies alles zu beschreiben, geschweige denn zu zeichnen. Noch mehr Strukturen kommen dann bei 190x zum Vorschein, ohne Filter zeigt sich ein geisterhaftes, weißlich grün-blaues Glühen. Die Pons-Magnus zieht sich als schmales Nebelband über die dicke Dunkelwolke, welche leicht ausgefranst erscheint, in der Huygens-Region ist ein Getuhe und Gemache, dass einem schwindelig wird. Die E- und F-Komponenten des Trapezes waren sehr leicht zu sehen, daneben waren noch zwei Sternchen im Nebel. Einfach genial!!!!!!

Nun ging es weiter zum Pferdekopfnebel. Bei 130x war mit UHC tatsächlich die Dunkelwolke erkennen, die sich ganz sanft vom schwach leuchtenden Nebel abhob. Auch die Schnauze war selten sichtbar, dies aber grenzwertig. Dennoch ein recht schwieriges Objekt: auch mit UHC und dieser Öffnung. Aber hey: gesehen!! Auch der Flammennebel wartete mit ungesehenen Details auf - hier konnte ich nicht nur die Zweiteilung, sondern auch den abzweigenden Ast einer weiteren Dunkelwolke sehen.

Kurz bevor ich in die Zwillinge hoch bin, warf ich einen Blick auf den Krebsnebel Messier 1. Bei 190x zeigten sich nach sorgfältiger Beobachtung zwei Filamente, der Rand des Nebels erschien wie das gesamte Innere seltsam strukturiert. Einfach super! Endlich wandelt sich das graue Dings in ein wunderschönes Objekt mit Strukturen. So, nun aber in die Zwillinge. Bei Messier 35 musste ich um Fassung ringen: so etwas Schönes sieht man selten. Was für ein Geglitzer und Gefunkel! Wunderbar... Mir fehlen noch immer ein wenig die Worte. Direkt daneben NGC 2158, der bei 250x bis ins Zentrum aufgelöst war und in welchem ich um die 20 Sterne erkennen konnte. Besonders angetan hatte es mir die Qualle bzw. der hellste Teil des Supernovaüberestes IC 443 in den Zwillingen. Mit UHC war bei 130x ein länglicher Lichtstreif zu sehen, welcher an einem Ende dicker und irgendwie zweigeteilt erschien!

Der Eskimonebel brachte mich dann komplett aus der Fassung: Bei 190x zeigte sich das innere Grinsegesicht, welches von einem diffusen Ring umgeben war. Natürlich waren die Farben matter als auf einem Foto, aber die blau-graue Einfärbung war eindeutig zu sehen. Weiter ging es zum berühmten Medusanebel Abell 21. Hier war bei 130x mit UHC eine sichelförmiger Halbmond zu sehen, in welchem sich leichte Strukturen zeigten.

Dann kam das Objekt des Abends, auf welches ich schon seit dem Frühling sehnsüchtig wartete:

Der Doppelquasar in UMa. Er gehört zu den großen Herausforderungen, da seine Gesamthelligkeit nur 16.4 mag beträgt. Er gehört aber auch zu den Dingen, die man unbedingt gesehen haben sollte: Relativitätstheorie zum Anfassen! Das Licht des 9.6 Mrd. Lichtjahren entfernten Quasares wird durch eine Vordergrundgalaxie in zwei "Sternpunkte" aufgespalten. Als Wegweiser dient NGC 3079, eine wunderschöne Galaxie in Edge-On Lage. Darüber ein Trapez. Dies alles war schnell gefunden, dann kam der schwierige Teil. Nachdem ich am Anfang gar nichts sah, blitzte alsbald ein schwaches Lichtfünkchen an der gesuchten Position auf, welches ich im weiteren Verlauf mehrmals für ein bis zwei Sekunden halten konnte. Damit war die Sichtung bestätigt und ich wohl der glücklichste Mensch der Welt!!!

Zum Abschluss des Berichts möchte ich euch noch kurz in unser Sonnensystem entführen, genauer gesagt, zu Mars. Aufgrund des hervorragenden Seeings zeigte er im 33cm Strukturen, die einfach nur der blanke Wahnsinn waren. Wie ausgestanzt stand er regungslos bei 250x im Okular, meine EQ-Plattform erledigte ihren Dienst und ich brachte meinen Mund nicht mehr zu. Bestimmt 20min konnte ich meinen Blick nicht von unserem roten Planeten wenden.