Was war das heute für eine Nacht! Total transparent, nur das Seeing hätte ein wenig besser sein können.
Und nun zu den Dingen, die ich gestern beobachtet habe. Im Wesentlichen sind es alles Objekte, die sehr unbekannt sind.
Das heißt aber nicht, dass sie minder schön oder weniger interessant sind. Gut, für einige braucht man doch ein wenig mehr
Öffnung, um sie überhaupt zu sehen. Den Anfang machte der neu entdeckte Komet Chen-Gao, der momentan mit einer
Helligkeit von 13mag im Sternbild Cassiopeia zu finden ist. Es war nicht ganz einfach, diesen kleinen Blob zu erlegen,
doch letztlich musste er sich bei 120x mit UHC geschlagen geben und zeigte sich als winzig kleines, sehr diffuses Wölkchen
ohne zentrale Kondensation. Der Komet wird im Laufe der nächsten Wochen bis zu 11mag hell werden, so dass auch ein 20cm Gerät
für die Beobachtung reichen wird.
Nachdem ich ein paar Sternhaufen beobachtet hatte, ging es auf einen kurzen Abstecher zum Bubblenebel. Da es sich
hierbei um eines meiner absoluten Lieblingsobjekte handelt, fertigte ich eine Zeichnung an.
Anschließend ging es in den Perseus, wo ich mich mit dem Doppelsternhaufen und ein paar weiteren schönen Kandidaten
vergnügte. Als nächstes stand ein Objekt an, das ich sehr geheimnisvoll finde. Es handelt sich um einen kleinen Sternhaufen,
welcher von einem schwachen Reflexionsnebel umgeben ist und unter IC 348 in den Katalogen zu finden ist. In der
näheren Umgebung findet man keine anderen Sterne, nur eben dieses geisterhafte Leuchten um den lockeren Sternhaufen. Sieht
auch irgendwie unheimlich aus. Danach machte ich mich auf, den Apfelbutzennebel Messier 76 zu zeichnen, welcher auch
schon so langsam am Untergehen war.
Messier 34 glitzerte aufgrund des dunklen Himmels wie selten zuvor und der Anblick der bläulichen Sternchen vor dem
samtschwarzen Hintergrund war ein wundervoller Moment. Klar, dass ich auch gleich einen Abstecher zu Abell 4
unternehmen musste, ein kleiner PN, der bei 120x mit UHC als blasses Scheibchen erschien.
Weil der Stier sich so langsam in Richtung Westen verabschiedete, waren seine Objekte als nächstes an der Reihe. Nach der
erfolgreichen Sichtung eines Filaments im Krebsnebel machte ich mich auf zum Doppelsternhaufen im Stier:
NGC 1807/17 waren nun das Ziel. Schon in der Übersichtsvergrößerung machten sich beide Sternhaufen sehr schön, auch
wenn sie nicht mit H/Chi konkurrieren können. Einer der beiden besteht aus 30 helleren Sternen und ist locker konzentriert,
der andere hat mich bei 120x mit seiner immensen Anzahl an schwächeren fast erschlagen. Schätzungsweise sind es zwischen
100-120 Sterne. Ich hatte ihn zwar schon früher mit 20cm gesehen, aber da waren nur um die 40-50 Sterne sichtbar. Nach einem
kurzen Abstecher zu NGC 1647 ging es weiter zu Hinds-Variable Nebula, oder auch kurz NGC 1555 genannt. Die
Stelle war alsbald gefunden, doch dann wurde es tricky. Erst bei 200x mit UHC konnte ich ein winzig kleines, bogenförmiges
Filament sichten. Danach kam ein kleiner Asterismus an die Reihe, welcher den Namen "Spermatozoon" trägt. Er ist sehr einfach
zu finden und man erkennt auch sofort, um was es sich hier handelt.
Wo ich schon mal bei solchen Dingen war, dachte ich mir, dass nun die Tadpoles (Kaulquappen) in IC 410 gut kommen
würden. Haben ja auch ein wenig Ähnlichkeit mit obigem Objekt! Der Nebel umrundet quasi den Sternhaufen NGC 1893 und im Nebel
selbst sollten die beiden Kaulquappen zu erkennen sein. Das größere von beiden war mit indirektem Sehen sehr einfach sichtbar,
beim kleineren störte ein Sternchen, aber nach sorgfältiger Beobachtung schälte sich ein kleiner Nebelknoten heraus. Danach
stattete ich den drei großen Aurigasternhaufen einen Besuch ab. Es ist immer wieder faszinierend, wieviele Sterne mit
33cm auf einmal zu sehen sind. Nun ja, dann war mal wieder was schwieriges gefragt, schließlich war dies die Nacht der Exoten:
Berkeley 18 und King 22, ein Doppelsternhaufen in Auriga sollte es sein. Aufgrund meiner Erfahrungen gestern denke ich,
dass man hier mit mind. 25cm Öffnung beobachten sollte, um etwas zu erkennen, darunter wird man wohl keine Chance haben.
Die Position ein oder zwei Grad neben Capella war schnell gefunden, doch bei 60x erstmal Ernüchterung. Nix zu sehen. Bei
120x schälten sich aus dem Hintergrund zwei schwache, aber recht ausgedehnte Nebelbällchen, die indirekt ganz gut zu halten
waren. Bei 200x blitzten in Momenten mit ruhigem Seeing viele schwache Sternchen aus den beiden Nebelbällchen hervor. Einfach
klasse! Hier mal mit 18" draufhalten, das wär's.
Anschließend ging’s in der Orion, der funkelnd hoch im Süden stand. Seltsamerweise hab ich vergessen, den Orionnebel zu
beobachten, der hätt bei der Transparenz echt was her gemacht. Aber egal, nach einem Besuch bei der kosmischen 37 hab
ich erstmal den Flammennebel und den Pferdekopf gezeichnet.
Weil ich schon mal bei den Gürtelsternen rum hing, wollte ich mich an drei schwachen Reflexionsnebelchen versuchen,
die mich schon seit Monaten im NSOG (Night Sky Observers Guide) auf einer Fotografie anlachten. Nun denn, heute sollte es
endlich soweit sein. Den Einstieg machte ich bei IC 426, das bei 120x mit einem UHC-S bewaffnet, als schwache
Aufhellung neben einem Stern hervortrat. Die Form hatte irgendwas von einem Ohr. Anschließend inspizierte ich das Duo
IC 423/4. Beide sind schwächer als das erste Nebelchen, wobei IC423 einfach als IC 424 ist. Hauptsache gesehen! Weiter
oben im Sternbild war Messier 78 zu finden, den ich das erste Mal mit 33cm gesehen hab. Wow! Sehr hell und dazu noch
strukturiert. Das nächste Objekt auf meiner Exotenliste war Cederblad 59 mit Barnard 35. Der Reflexionsnebel war als
schwacher Schimmer um einen helleren Stern zu sehen und auch der Dunkelnebel Barnard 35 trat gut hervor. Es ist immer schön,
dieses Fehlen von schwachen Sternen zu beobachten. Als hätte jemand die Sternchen geklaut. Weiter zu vdB62 mit LDN
1622. Auch hier war ein schwacher Schimmer um einen Stern zu sehen, die Dunkelwolke zog sich als längliches Band durch
die Milchstrasse. Klasse! Sehr subtil das ganze, aber es muss ja auch nicht immer die volle Photonendröhnung sein.
Nun war es an der Zeit, sich ein bisschen im Einhorn herumzutreiben. Als erstes knallte mir der Rosettennebel
entgegen. Mit UHC ein Getuhe und Gemache. Bis in die Haarspitzen durchstrukturiert. Bei 120x konnte ich sogar ein paar der
Dunkelschläuche ausmachen, die den Nebel durchziehen. Wehende Nebelwolken im Einklang mit dunklen Stellen. Was will man
mehr!? Aufgrund der tollen Transparenz beschloss ich, mich dem Nebelkomplex um IC 2169 zu widmen. Hier findet man
einen großen Emissionsnebel, der von drei kleinen umgeben wird. Es sind dies im Einzelnen: NGC 2245, NGC 2247 und IC 446
. Alle drei waren gut zu sehen, 2245 war am hellsten und zeigte eine deutliche Helligkeitszunahme zur Mitte hin. 2247
ist wohl ein Reflexionsnebel und erschien als heller Schimmer um einen bläulich glitzernden Stern. IC 446 ist eine schwache
Aufhellung, die so ein wenig ziellos im Weltraum umher zu treiben scheint. Schöne Strukturen zeigten sich dagegen in IC 2169.
Nach diesem Erfolg machte ich mich auf zu Sharpless 2-282. Hier konnte ich bei 120x einen großen, strukturierten
Nebelschleier sehen, der deutlich einfach war als von mir erwartet. Jedenfalls ein schönes Objekt mit einem nicht ganz
bekannten Namen. Kann ich sehr empfehlen das Teil!
Im Krebs machte ich mich an ein besonderes Objekt: Es handelt sich um das BL-Lac Objekt mit dem wohlklingenden Namen
"OJ 287". Mit dem hatte ich sowieso noch ne Rechnung offen, weil es sich mit 20cm nie zeigen wollte. Doch gestern
war es erstaunlich einfach zu sehen, mit indirektem Sehen war das "Sternchen" sehr gut auszumachen. Nun könnte man sich
fragen, was an einem Sternchen so interessant sein soll? Zum einen ist das Teil 3.6 Mrd. Lichtjahre entfernt, zum anderen
ist es das gewaltigste schwarze Loch, das man in unserem Universum kennt. Mit 18 Milliarden Sonnenmassen weist es einen 10x
größeren Durchmesser als unser Sonnensystem auf. Doch damit nicht genug: einmal in 12 Jahren wird es von einem weiteren
schwarzen Loch mit 100 Millionen Sonnemassen umkreist. Mit diesem Wissen stand ich gestern total baff vor meinem Teleskop
und starrte diesen winzigen Stern an.
Dann wartete ein weiteres interessantes Objekt auf mich: PK219+31.1. Ok, kennt man auch nicht wirklich. Jedenfalls
ist das mit einem Durchmesser von 980" einer der größten PN am Himmel. Bei 120x konnte ich mit UHC einen schwachen Blob
erkennen, welcher sich außerhalb eines Trapezes zeigte. Auch im Trapez selbst war ein leichter Nebelhauch auszumachen.
Nach so viel Arbeit war Entspannung angesagt und ich vergnügte mich mit den schönsten Galaxien, ein paar netten
Kugelsternhaufen und hellen Sternen. Photonen von Spiralarmen und Dunkelbändern strömten auf meine Netzhaut. Mag das jetzt
auch gar nicht alles beschreiben, sonst werd ich nie fertig!
Daher auch nur noch ein paar Worte zu Objekten im Sternbild Löwe. Nach dem wunderschönen Anblick vom Leotriplett
suchte ich nun nach einer weiteren Herausforderung. Nachdem ich Hickson 44 mittlerweile zum Frühstück verspeise,
musste nun Copelands Septett dran glauben. Hier stehen 7 sehr schwache Galaxien mit Blauhelligkeiten um die 15mag auf
sehr engem Raum. Bei 120x waren zwei diffuse Fleckchen zu sehen und das auch nur indirekt. Da konnte einem schon der Mut
verlassen. Doch bei 250x sah es schon besser aus: ich konnte alle 7 Galaxien einzeln identifizieren, wenn auch nur mit
schwarzem Tuch überm Kopf. Hier mal eine Zeichnung:
Nach soviel Augenverbiegen musste was Leichteres her: Leo A wurde angepeilt. Bei 120x und Teleskopschwenken war eine leichte Aufhellung nördlich von Regulus zu sehen. Spaßeshalber hab ich mir den gleich auch noch angeschaut, was nicht die sinnvollste Aktion war, da ich danach einen hellgrünen Punkt auf der Netzhaut hatte. Aber bis ich beim nächsten Objekt, dem Galaxienhaufen Abell 1367 gelandet war, war die Dunkeladaption schon fast wieder hergestellt. Leider hatte ich auf meiner Karte nur Galaxien bis 15mag ausgedruckt, so dass die 30 Stück, welche darauf verzeichnet waren, nach 5 Minuten alle abgegrast waren. Schade, denn ich hätte gerne noch ein wenig darin geplündert. Wer mehr als 8 Zoll zur Verfügung hat, sollte sich den Spaß nicht entgehen lassen, aber auch mit 8" wird man einige Galaxien in 250 Mio. Lichtjahren Entfernung erkennen können.