29.08.2008 - Am Limit, oder: wo die Luft dünn wird...




Heute war es schon wieder klar. Sollte man fast nicht glauben, schon die dritte Nacht in einer Woche. Anfangs waren die Bedingungen nicht sonderlich gut, denn eigentlich wollt ich auf den Hohloh fahren, aber schon von hier aus hab ich dort Wolken gesehen, die sich auch auf dem Satbild nicht auflösen wollten bzw. nur langsam. Also bin ich eben nicht dahin, sondern an meinem Stammplatz gewesen. Im Süden konnte man sehr schön die geschlossene Wolkendecke erkennen und ich war froh, mich umentschieden zu haben. Die Luft war insbesondere am Horizont relativ feucht und somit war es dort auch sehr dunstig. Im Laufe der Nacht wurden die Bedingungen dann aber deutlich besser und im Zenit erreichte ich eine fst von 6.2mag. Die Temperatur lag bei etwas kühleren 15°C und ab Mitternacht frischte dann auch der Wind deutlich auf. Das Seeing war anfangs verdammt gut und blieb dann bis 01 Uhr auch so, danach wurde es deutlich schlechter.

In der Dämmerung baute ich auf und ließ den Spiegel für 15mins auskühlen. Dann schwenkte ich auf die Leier, holte meinen Kartenausdruck hervor und beobachtete ein paar Doppelsterne aus dem Struve Katalog. Ein schönes Exemplar ist STF 2351, hier umkreisen sich zwei weißliche Sterne in 5.0" Distanz. Ein wenig schwieriger war STF 3130 - die Distanz ist mit 2.7" zwar recht groß, aber der Helligkeitsunterschied ist doch recht groß. Schön ist auch STF 2397, ebenfalls ein großer Helligkeitsunterschied bei 3.9". Den Abschluss bildete STF 2349, hier stehen ein gelblicher und ein roter Stern mit großem Helligkeitsunterschied 7.2" auseinander. Vom Farbkontrast her sehr schön.

Dann war die Dämmerung so weit fortgeschritten, dass es mit Deep Sky losgehen konnte. Auch die letzten Zirren hatten sich erwartungsgemäß aufgelöst. So stellte ich zuerst einmal Messier 13 und Messier 92 ein, die richtig glitzerig daherkamen. Hier machte ich einen ersten Seeingtest - es war wiederum sehr gut. Bei 320x kaum Wabern zu erkennen. Nachdem ich noch 20 mins überall am Himmel herumgehüpft bin und mir die schönsten Objekte reingezogen hatte, wurde es ernst, denn mein Programm für heute hatte es wirklich in sich.

Es standen viele sehr schwierige, aber für mich total faszinierende Objekte auf dem Plan, von denen einige wohl nur sehr wenige oder noch gar nicht versucht wurden. Ich wollte das Limit meines 18 Zoll ausreizen udn schauen, wie weit man damit kommt. Daher werden euch im folgenden viele sehr exotische Objekte erwarten, ich hoffe, ihr habt Spaß damit, auch wenn es vielleicht ein bisschen und abgehoben ist.

Als erstes ging es ins Sternbild Drache, wo mich HS 1946+76 erwartete, den ich auf Achims toller Quasarseite gefunden hab. Er weist eine Rotverschiebung von z=3.0 auf und ist damit 11.4 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt, gehört also zu den ganz weit entfernten Dingern. Die Position war schnell gefunden und schon bei 50x konnte ich einen in der Karte eingezeichneten 13.8mag Stern sehen. Bei 210x erschien dieser ziemlich hell und ich machte mich auf die Suche nach dem kleinen Dreieck. Hier konnte ich einen 15.5mag Lichtfunken auch direkt halten. Jetzt wurde es spannend: an der angegebenen Position blitzte immer mal wieder ein schwaches Pünktchen hervor - der Quasar. Relativ easy das ganze; geschätzte Helligkeit 15.9mag.

Dann aber wollte ich es wissen: nun ging es zum Galaxienhaufen Abell 2218, welcher ebenfalls im Sternbild Drache zu finden ist. Wem das nix sagt, der sollte mal in den Hubble Space Telescope Bildern danach suchen. Das ist nämlich der Galaxienhaufen mit den schönen Gravitationsbögen. Das Ding ist über 2 Milliarden Lichtjahre entfernt, genauer gesagt: 2.4 Milliarden. Muss man verrückt sein, um so was zu versuchen? Ja, muss man. Aber hey, wozu hat man 18 Zoll Öffnung, wenn man nur ständig Hantelnebel und so Zeugs anschaut. Nun denn, an besagter Stelle war bei 210x erstmal nix zu sehen, außer ne dicke Galaxie, die den schönen Namen PGC 58586 trägt und 15.2bmag hell ist. Außerdem noch ne andere Gx, die net mal nen Namen hat. Dann steigerte ich die Vergrößerung auf 310x und schaute, was passiert. Knapp neben dem Haufen sah ich ein kleines 15.5mag Sternchen. Nach 5 Minuten geduldigem Wartens blobbte auf einmal an der richtigen Stelle ein wirklich sehr schwaches, diffuses Fleckchen auf. Freude stieg in mir auf - ruhig! Noch mal warten. Das Leuchten blobbte immer öfter auf und schon bald konnte ich es indirekt auch mal für ein paar Sekunden halten. Ein Freudenschrei durchdrang die Nacht. Noch mal ein Blick auf das DSS Bildchen: Erleichterung - an der Stelle mit dem Blob stand kein Sternchen oder sonst was in der Art. Es war Abell 2218. Nach den Gravitationsbögen hab ich auch mal geguckt, aber nix gesehen. *grins*

Nach so einer Augenverbiegerei musste wieder was einfacheres her: Abell 64 hatte ich mir auserkoren. Ich fand ein diffuses Etwas, das mit OIII verschwand. Soll das so sein? Bin da iwie leicht konfusioniert... Nun dann: also weiter zu Abell 68, nur 1° südlich vom Hantelnebel. Ok, ich geb’s zu, ich hatt keine Lust, so weit zu hüpfen und Messier 27 hatt ich auch noch net gesehen. Wie war das oben mit Messier 27?? *räusper*. An der angegebenen Position starrte ich in den dunklen Himmel und der Himmel starrte zurück. Wer nicht starrte, war Abell 68. Na du, wo bist du? Aber ich hatte falsch gestarrt, also starrte ich woanders hin. Und er starrte zurück, der Abell 68. Es war aber nur kleine diffuse Scheibe zu sehen, ohne Details oder so. Jetzt kam die Challenge überhaupt: Abell 78 im Schwan. Zumindest, wenn man dem NSOG glauben darf. Aber hey, so schwer ist das Dings nun wirklich net. Bei 200x mit OIII gleich gesehen, sogar das dunklere Innere. Weiß gar net, was die wollen.

Nun war mir nach Galaxien. Also peilte ich den Delphin an, hier hatte ich noch ne Rechnung mit der Galaxiengruppe um NGC 6928 übrig. Zwei sind mit 14bmag relativ hell, aber die andere hat nur 15.8bmag und ist mir ohne Karte immer entgangen. Aber heute hab ich sie erwischt.

Damit war der erste Teil meiner Karten verbraucht. Jetzt war erstmal Entspannung angesagt. Wer weiter zu den heftigen Dingen möchte, sollte den nächsten Abschnitt überspringen.

NGC 7008, kam bei 200x mit OIII einfach genialst rüber. An einer Stelle offen, aber immer noch mit schwach leuchtendem Gas gefüllt. Im Nebel zwei hellere Knoten, ein sehr schwacher Halo umgab das ganze. In Richtung Deneb düste ich noch kurz an Messier 39 vorbei, der bei 50x ebenfalls super rüberkommt. Jaja, wie langweilig, ich weiß. Im "8-Cluster" schaute ich mir nochmal durch die interstellare Absorption gelb gefärbten O-Sterne an, bevor ich zu NGC 7048 kam. Das ist ein wunderschöner PN, ziemlich hell und scharf begrenzt. Dazu noch kreisrund. Leider kaum Strukturen, außer ein dunkles Inneres. So muss ein guter PN aussehen. Ein Stückchen nördlich fand sich IC 1369, der ja eigentlich was Sternstaubmäßiges sein sollte. War er aber nicht, sondern bei 200x gut aufgelöst, rundlich, zum Zentrum hin konzentriert mit ca. 40 Sternen. Viel schöner dagegen war NGC 7026. Ziemlich türkis-grünlich. Quer durch die Mitte zieht sich sich ein dunkleres Band, wie als hätte man ein Brötchen aufgeschnitten. Aber ziemlich klein das ganze, wenn ich das mal anmerken dürfte. Weiter gings mit NGC 7027, ebenfalls quietschgrün, sogar mit ner winzig kleinen Trennung. Ein Teil ist groß und hell, der andere eher schwach. Weiter südlich im Schwan schaute ich mir NGC 6857 an, eine kleine HII Region. Die ist mit OIII verdammt hell und bei 210x auch relativ groß. Sieht auch iwie rechteckig aus. Ein kleiner Hüpfer und ich war bei NGC 6894, der Ringnebel des Schwans. Mit 18 Zoll genauso schön. Im Ring steht ein schwaches Sternchen, das dort fröhlich vor sich hinglitzert. Auch NGC 6842 ist ein sehr schöner PN, ziemlich hell und rundlich. Noch heller ist NGC 6905, der schon im Delphin steht. Bei 200x konnte ich in der hellen Scheibe sogar ein paar Details in Form von kleinen Knötchen sichten. Im Adler musste dann noch NGC 6804 dran glauben, eine runde Scheibe mit Zentralstern und feinen Details, darunter ein Halo, der eine hellere, innere Struktur umgibt. Als letztes dann noch NGC 6772, der wie ein Ohr aussieht. Zumindest von der Form her: unregelmäßig oval, in der Mitte dunkler. Und hell noch dazu.

Nach so viel Entspannung, schöner Musik und einem Knoppers gings weiter in den Pegasus zu schwierigen Objekten. Ich hatte mir Pease 1 ausgeguckt, ein planetarischer Nebel im Kugelsternhaufen M15. Mit genauer Aufsuchkarte bewaffnet ging ich ans Werk. Zuerst einmal hieß es, die Leitsternchen zu identifizieren. Bei 320x gelang das auch recht schnell und schon hatte ich die Stelle im Visier, wo der PN stehen sollte. Nun der OIII Filter. Vors Auge und wieder weg. Vor, weg, vor, weg... blink, blink, blink. Ui, da war er ja. Ein helles Sternchen blobbte aus dem abgedunkelten Kugelhaufen hervor. Sogar direkt zu halten und alles andere als schwer. Hätt ich so net gedacht und mit ein wenig mehr Widerstand gerechnet.

Dann aber: Einsteins Kreuz!! Gelegen im südlichen Pegasus an der Grenze zum Wassermann. Hier findet man ne Galaxie, die das Licht eines dahinter liegenden Quasars in vier Punkte aufspaltet. Der QSO selbst ist knapp 10 Mrd. Lichtjahre entfernt. Zwar net heutiger Rekord, aber auch schon weit weg.

Zuerst bin ich zur angegebenen Stelle gehüpft um dort ne kleine Galaxie in 500 Millionen Lichtjahren Entfernung zu suchen - namentlich CGCG 378-15. Die war auch auf Anhieb erkennbar. Aber bei 200x war im Zentrum noch nix zu sehen. Also besser mal 310x nehmen. Die Galaxie war nun kaum noch zu sehen und so ließ ich das Dings ständig durchs Gesichtsfeld laufen. Nach einer Weile unter meinem schwarzen Tuch blobbte im Zentrum immer öfter ein schwacher, stellarer Nucleus hervor, der bei bestem Seeing manchmal ganz gut sichtbar war. Im Vergleich mit den anderen Sternchen fand ich ihn ein wenig unschärfer. War ne tolle Erfahrung, sowas mal in live zu sehen.

Anschließend düste ich zum Galaxiensammeln noch kurz in den "Pegasus I Cluster", der 250 Millionen Lichtjahre entfernt ist. Die beiden Hauptgalaxien ziemlich hell und bei 210x auch recht groß.

Mittlerweile hatte sich auch die Andromedagalaxie schon weit über den Horizont erhoben und ich startete ihr einen Besuch ab. Schließlich musste ich mich um "AE And" kümmern, einen der hellsten Sterne in dieser Galaxie. Der Mercedesstern war schnell ausgemacht und so verschwand ich gleich hinter meinem Tuch. In den 10 Minuten gelang es mir 5mal, den Stern aufblitzen zu sehen, was aber echt schwierig ist. Da war Einsteins Kreuz echt leichter. Nachdem ich den Stern eingesackt hatte, wollt ich mal was Verwegenes probieren:

Kugelsternhaufen in der Andromedagalaxie jagen kann jeder und da ich eh schon 35 gesehen hab, wollt ich mich mal an was anderes machen: offene Sternhaufen im Andromedanebel!! Also hab ich mir mal fünf helle Kandidaten ausgesucht und bin auf die Jagd gegangen: C107 war ziemlich einfach als leicht diffuses Sternchen zu sehen. War echt baff, dass es kein großes Problem ist. Dagegen entpuppte sich C205 als ziemlich harter Brocken: nur dreimal konnte ich ihn aufblitzen sehen. Was übrigens ganz interessant ist: wenn man bei 210x durch M31 wandert, bekommt man sehr viele Strukturen zu sehen, Abzweigungen in den Staubbändern, kleinere Sternwolken usw. Weiter gings mit C203: auch das Dings war relativ einfach sichtbar und erschien leicht diffus mit einer Ausdehung von ca. 2". Also schon recht winzig. Nun peilte ich C405 an - hier konnte ich ebenfalls einen ausgedehnten, aber winzigen diffusen Fleck von 4" Durchmesser erkennen, der recht hell war. Den Abschluss bildete A40, hier erkennt man eine längliche Wolke, die aus zwei helleren Knoten besteht. Ist bestimmt sowas wie H und Chi im Perseus, nur halt 2.4 Millionen Lichtjahre entfernt. Eigentlich wollt ich mir noch die Sternwolke NGC 206 unter die Lupe nehmen, um vielleicht auch hier ein paar Sternchen rausglitzern zu sehen, aber leider ist das Seeing mit einem Schlag schlechter geworden und der böige Wind verhinderte nun sogar Vergrößerungen um 210x.

Also beließ ich es dabei und schaute mir noch ein paar offene Haufen im Cepheus, im Schwan und in der Cassiopeia an. Gegen 03 Uhr packte ich zusammen und machte mich auf den Heimweg. Es war eine sehr schöne Nacht mit den interessantesten Objekten, die ich bisher mit 18 Zoll beobachten konnte.