Wieder einmal bescherte uns ein Hochdruckgebiet eine wunderbare Nacht. Anfangs war es noch ein wenig diesig, aber je
später, umso besser. Gegen 04 Uhr morgens zog sich die Wintermilchstrasse schön hell über den Himmel, die Wintersternbilder
wie Orion, Zwillinge und Stier erstrahlten in hellem Glanz, dazu wehte ein leichter Wind, der bei Temperaturen um 9°C ein
erstes Winterfeeling aufkommen ließ. Das Seeing war ebenfalls ziemlich gut und die ganze Nacht über konnte ich Vergrößerungen
von 310x ohne Probleme einsetzen.
Da der Mond bis gegen 23.30 Uhr am Himmel stehen sollte, war ich erst gegen 21.15 Uhr oben und baute auf. Nach 20 Minuten
des Auskühlens war der Spiegel soweit, dass man bis 210x vergrößern konnte. Was lag da also näher, als sich zur Einstimmung
ein paar Kugelsternhaufen vorzunehmen. Messier 13 und 92 kamen beide trotz Mond (fst 4.5mag) ziemlich gut rüber. Es ist
immer wieder klasse, wenn Ersterer bei 310x das gesamte Gesichtsfeld ausfüllt. In solchen Momenten denk ich jedes Mal, dass
sich jeder Cent und jede Arbeitsstunde, die ich in "Nemesis" gesteckt hab, mehr als gelohnt hat. Dann dobste ich ein wenig
weiter nach oben zu NGC 6229, der bei 210x und noch besser bei 310x in den Randbereichen aufgelöst war, das Zentrum
erschien körnig. Da ich nix besseres zu tun hatte, schaute ich mir einen kleineren planetarischen Nebel an: NGC 6058.
Trotz des hellen Mondes war bei 210x mit OIII eine wunderschöne Scheibe sichtbar, der Zentralstern erschien ohne Filter sehr
hell. Besonders krass finde ich es immer, wenn man bedenkt, dass ein solcher Zentralstern grad mal so groß wie die Erde ist,
aber dafür so schwer wie die Sonne und knapp 100.000°C heiß.
Bis der Mond unterging, vertrieb ich mir die Zeit mit Sternhaufen in Cassiopeia und Schwan. Außerdem stellte ich mal den
hellsten Kugelsternhaufen G1 oder auch Mayall II genannt in der Andromedagalaxie ein, weil ich den noch nicht mit 18
Zoll gesehen hatte. Irgendwie hat mich das Dingens dann doch von den Socken gehauen. Das Teil ist mal eben 2.4 Millionen
Lichtjahre entfernt, aber trotz Halbmond am Himmel war es bei 210x sehr einfach zu sehen. Der Kugelsternhaufen war nicht mal
stellar, sondern deutlich flächig mit einem hellen Kern im Zentrum. Also nix diffuses Leuchten, sondern richtige Strukturen
und das in einem 7" großen Gebilde. Außerdem kam es mir ein wenig oval vor, das war aber an der Grenze des Machbaren. Von den
zwei Sternen (14.5 und 15mag) war Mayall II ebenfalls gut getrennt. Das war das erste "Wow" an diesem Abend für mich.
Danach trieb ich mich wieder am Himmel herum und schaute bei den hellsten Messiers vorbei, einfach mal um zu gucken, was
bei Halbmond mit 18 Zoll so alles geht. Ich muss sagen, ich bin wirklich beeindruckt. "Nemesis" sammelt so viel Licht, dass
man sogar bei diesen Verhältnissen richtig viel Spaß haben kann. Der Zirrusnebel zeigt mit OIII viele Fasern und
Strukturen, der Hantelnebel kommt besser als mit 8 Zoll unter dunklem Himmel, die hellsten Kugelsternhaufen sind alle bis
in den Kern aufgelöst, der Ringnebel erstrahlt in hellem Licht usw.
Dann endlich war es 23.30 Uhr und der Mond war weg. Einfach so. Ich schaute nach oben und überlegte, was ich zuerst von
meiner Liste streichen sollte. Da Andromeda schon hoch am Himmel stand und ich schon Mayall II gesichtet hatte, wollte ich
nun die anderen Kugelsternhaufen im Andromedanebel knacken. Dazu hatte ich zwei Karten vorbereitet, auf denen insgesamt 64
von den Dingern verzeichnet waren. Es würden mit Sicherheit noch ein paar mehr gehen, aber von denen muss ich mir erst die
Daten beschaffen. Aber auch so sind es eine ganze Menge.
Begonnen hab ich wieder mit Mayall II, da ich beim ersten Mal den daneben stehenden Mayall III nicht gesehen hatte. Im Feld
fanden sich auf dem DSS Ausdruck noch zwei kleine Galaxiechen, welche die wunderschönen Bezeichnungen CGCG 519-12 und CGCG
519-11 tragen.
Keine Panik, ich will jetzt nicht jeden der 64 Kugelsternhaufen in der Andromedagalaxie beschreiben, aber ein paar
herauspicken, die ich ganz interessant fand.
G52 findet man direkt neben der Sternwolke NGC 206. Er ist relativ schwach, aber trotzdem indirekt gut zu sehen. Nicht
ganz so leicht ist G157, der im Kernbereich von M31 und dann auch noch direkt neben einem helleren Stern steht. 15.5mag unter
im hellen Leuchten der Galaxie sind net so ganz ohne, aber schließlich musste er klein beigeben. Auch interessant das Gebiet
um G213. Gleich drei Kugelsternhaufen hat man hier mit einem Blick gesichtet: G213/231/233. Schöne Sache das ganze. G272 ist
deshalb ganz interessant, weil er sehr nahe an G280 steht und zwischen den beiden Kugelhaufen gleich noch ein offener
Sternhaufen steht. Das alles natürlich in 2.4 Millionen Lichtjahren Entfernung. G73 findet man nicht in Messier 31, sondern in
Messier 110, der Begleitgalaxie. Auch die hat ein paar Kugelsternhaufen zu bieten, wenn auch nur einer davon gut sichtbar ist.
G73 ist nicht sonderlich schwer und indirekt sehr leicht zu halten. Ein hübsches Kugelsternhaufenpärchen bilden auch G315 und
G318 ein wenig außerhalb des Halos der großen Galaxie - eingerahmt von hellen 12mag Sternchen.
Das solls zu dem Thema auch schon gewesen sein, wie gesagt, 64 von den Dingern hab ich erlegt, jetzt mal gucken, ob es noch
mehr gibt, die man jagen kann. Aber ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich gegen Ende hin nicht mehr viel Lust hatte, diese
schwachen Pünktchen zu jagen. Nach 20 denkt man sich noch, wie viel Spaß das macht, bei 30 wirds langsam langweilig, bei 40
ist man ein wenig gefrustet, bei 50 hat man keine Lust mehr und bei 60 war ich heilfroh, dass ich bald fertig war.
Nachdem ich also zwei Stunden lang Kugelsternhaufen in Messier 31 gesucht hatte, gab es ein wenig Entspannung.
NGC 891 war sehr hell und detailreich zu sehen, das Staubband zog sich schwarz durch den Körper dieser wunderschönen
Galaxie. Nach "Mirachs Geist" NGC 404, eine helle elliptische Galaxie neben einem orangenen 2mag Stern bewegte ich
mich in den Cepheus, um dort endlich mal bei gutem Himmel NGC 6946 zu betrachten. Insgesamt vier Spiralarme konnte
ich sichten, auch wenn das net so ganz einfach war. Iwie hatte ich mir da ein wenig mehr erhofft. Bei besserem Himmel werd
ich das auf dem Hohloh nachholen. Da sollte noch mehr gehen. Ebenfalls sehr schön kam der Pacman Nebel NGC 281 rüber,
auch wenn ich ihn schon besser gesehen hab. Die Dunkelwolken waren nicht ganz so prägnant wie sonst. Woran das lag, keine
Ahnung. Hatte einen OIII drin, kann sein, dass ich letztes Mal einen UHC benutzt hab.
Im Pegasus wartete auch ein besonderer Kandidat auf mich. Ein 3 Kilometer großer Asteroid, der zu den
Erdbahnkreuzern gehört und auf den Namen 1996 HW1. Er befand sich gestern in einer Entfernung von 20.35 Millionen
Kilometern und war 12.4mag hell. So ist er auch schon in kleinen Teleskopen von 11cm Öffnung zu sehen. Wer also in den
nächsten Mal draufhalten möchte?!?
Um mal im Sonnensystem zu bleiben, schaute ich mir als nächstes Neptun an. Bei 310x war ein kleines, bläuliches
Scheibchen zu sehen. Auch Triton, der hellste Mond war indirekt auszumachen. Auch Uranus war schnell gefunden,
die Farbe war hier eher grünlich. Bei 310x konnte ich auf Anhieb zwei Monde sehen, ein dritter schälte sich erst später
heraus. Es waren Titania, Oberon und Ariel. Ist schon schön, wenn man auch bei den beiden entferntesten Planeten
einfach mal so eben die Monde sehen kann. Im Widder machte ich noch kurz zu einem Kometen auf: W1 Boattini. Er war
fast sternförmig und von einer kaum wahrnehmbaren Koma umgeben. Der Kern dafür sehr hell. Komischer Komet...
Ein Wunschobjekt auf meiner Liste für 18 Zoll war schon seit langem IC 59/63 in Cassiopeia. Diese beiden
Nebelwölkchen findet man direkt bei Gamma Cas. Gibt also nix leichteres, als die zu finden. Viel schwieriger ist es, sie zu
sehen. Mit 13" waren sie sehr schwach, so dass ich gespannt war, was denn mit 18 Zoll Öffnung gehen würde. Bei IC 63 war ich
sehr überrascht, wie einfach das Nebelchen mit indirektem Sehen auszumachen war. Man konnte sogar den bläulich leuchtenden
2.2mag Stern im Gesichtsfeld behalten. Die Form war genau wie auf dem Foto, der eine Rand ein wenig stärker betont. IC 59
dagegen ist von gänzlich anderer Natur. Hier konnte ich nur eine sehr schwache, diffus leuchtende Nebelmasse ohne innere
Strukturen wahrnehmen. Die Form war zwar zu erkennen, aber das war nicht so ganz einfach.
Nun hatte es mir ein weiteres Objekt angetan: Simeiz 22, ebenfalls in der Cassiopeia zu finden. Ausgangspunkt der
Suche war der Eulensternhaufen NGC 457, den ich mir bei dieser Gelegenheit gleich noch mit anschaute. Simeiz 22 ist ein
planetarischer Nebel und mit 5 Bogenminuten einer der größeren Sorte. Erinnert vom Aussehen her auch so ein wenig an den
Medusanebel aka Abell 21. Hier war ich doch sehr gespannt, was mich erwarten würde. Ohne OIII war bei 90x an der besagten
Position nix zu sehen. Also wirklich nix, nicht einmal den Hauch einer Andeutung. Mit OIII schälte sich aus dem Hintergrund
ein zartes Leuchten hervor - also nix, was jetzt Netzhautschäden verursachen könnte. Die faserige Struktur konnt ich net
nachvollziehen, es blieb bei einem länglichen, leicht abgerundeten Nebelstreif.
Mehr versprach ich mir dagegen von Jones 1 , ein ebenfalls recht großer Pn im Pegasus. Mit 18 Zoll und OIII
bewaffnet fuhr ich schweres Geschütz auf und wurde belohnt. So hab ich den Nebel noch niiiiiiie gesehen, würde jetzt jemand
sagen. Aber es war echt gut: feine Ränder in Form eines "C's", die beiden Enden leicht dicklich.
Dann war die Entspannungsphase auch schon wieder vorbei und ich musste wieder ein wenig arbeiten. Es ging zur Galaxie
Messier 33, mein heutiges Hauptprojekt. Nachdem ich bei 140x erst einmal die Form der Spiralarme nachvollzogen hatte,
von denen übrigens gleich vier zu sehen waren, schaute ich mich erstmal so um, und konnte auf Anhieb ein paar Gasnebelchen
sichten. Ganz besonders krass fand ich NGC 604. Dieser offenbarte bei 310x einiges an Details: Die Ränder waren sehr
unregelmäßig, manchmal hatte ich den Eindruck, als würden Fäden nach außen gehen, im Zentrum waren zwei bis drei stellare
Punkte zu sehen. Die beiden hellsten waren eigentlich immer da, der dritte blobbte bei gutem Seeing heraus. Ich mein, das
ist schon ein Ding: da beobachtet man einen Gasnebel in 2.8 Milllionen Lichtjahren Entfernung und sieht auch noch Details.
Ansonsten hatte ich mir eine Karte ausgedruckt, die es nun abzuarbeiten galt. Insgesamt konnte ich 33 Objekte in dieser
Galaxie ausmachen: HII Regionen, Sternwolken, große offene Sternhaufen und sogar einen Kugelsternhaufen. Ganz besonders
wunderbar fand ich die Aneinander- Reihung von gleich drei hellen Gasnebeln.
Das Ergebnis werd ich erst im nächsten Bericht präsentieren: aus den Skizzen und den gesprochenen Aufzeichnungen möchte
ich nämlich ein Gesamtbild von Messier 33 machen. Eigentlich wollt ich nur ein wenig meinen Spaß, aber nachdem diese Galaxie
mit 18 Zoll sowas von phantastisch ist, hat sie mehr verdient.
Die letzten Objekte meiner ToDo-Liste sollten mir die Größe unseres Universums ein wenig näher bringen. Es handelte
sich um den Perseus- Pisces Supercluster, der aus einigen Galaxienhaufen besteht - die fünf hellsten sind die
Gruppe um NGC 383, die Gruppe um NGC 507, Abell 262, Abell 347 und Abell 426. Die Gruppe um NGC 383 ist 200 Millionen
Lichtjahre weit entfernt und besteht aus 6 Galaxien, die in einer Reihe stehen. Ein wenig außerhalb stehen 5 weitere Galaxien.
So hat man auf engem Raum gleich 11 Galaxien, die man anschauen kann.
Noch besser ist die Gruppe um NGC 507. Hier hab ich innerhalb weniger Minuten gleich 20 Galaxien in einer
Entfernung von 220 Millionen Lichtjahren eingesammelt. Man kann außerdem zwei Untergruppen erkennen, wo mehr Galaxien
als anderswo stehen.
Abell 262 hab ich ausgelassen (wird aber bei nächster Gelegenheit nachgeholt) und bin gleich zu Abell 347 gedüst,
der ja in direkter Nachbarschaft zu NGC 891, der wunderschönen EdgeOn liegt. Hier sind 8 Galaxien ohne Probleme erkennbar.
Noch ein Schwenk und ich hatte Abell 426 im Blickfeld. Hier sieht man eine Galaxie nach der nächsten, auch ohne Karte
hatte ich ständig irgendwelche Wattebäusche im Gesichtsfeld. Macht total viel fun! Nächstes Mal gehts da mit ner Karte ran,
da sollten bestimmt um die 100 Galaxien zu sehen sein.
Zum Abschluss dieser besonders schönen und ertragsreichen Nacht schaute ich mir nochmal in aller Ruhe den
Bubblenebel NGC 7635 an - das Traumobjekt meiner Kindheit - und machte mit UHC eine Zeichnung. Vielleicht versteht
jetzt jemand, warum ich find, dass der Bubblenebel das wohl schönste Objekt am ganzen Himmel ist.
Gegen 04 Uhr morgens packte ich zusammen, 20 Minuten später war ich auch schon daheim, räumte alles aus, gab Flauschi (Katze) noch was zu knabbern und schlief mit wunderschönen Bildern vor meinem inneren Auge ein.