27.11.2008 - Ein fliegender Werkzeugkoffer und anderes...




Nach einem Monat Abstinenz wurde es mal wieder klar. Schon nachmittags war ich startklar und wartete auf die einsetzende Dämmerung. Oben angekommen erwarteten mich eine dünne Schneedecke und Temperaturen von -2°C. Im Laufe der Nacht wurde es noch ein ganzes Stückchen kälter, die erste richtige Winternacht eben. :)

Auf der Hinfahrt begleiteten mich in der Dämmerung Jupiter und Venus, die nur 4° von einander entfernt am Himmel standen. Ein wunderschöner Anblick, die zwei hellsten Planeten so eng beieinander zu sehen. Nachdem ich Feivel aus dem Auto geholt und aufgestellt hatte, setzte ich mich auf einen kleinen Weg und schaute mir eine Weile das helle Doppelgestirn an. Unter mir die Lichter einer kleinen Ortschaft, Wiesen mit Schnee und dunkle Tannen. Ein wunderschöner Moment.

Dann wurde es langsam Zeit für das fliegende Handtäschchen. ;)) Vor ein paar Tagen hatten die Astronauten auf der ISS nämlich eine Werkzeugkiste verloren, die man nun mit dem Fernglas bewaffnet anschauen kann. Der Überflug sollte gegen 18.00 beginnen, doch zu dieser Zeit war nichts. Dafür konnte ich 4 Minuten früher auf der exakt gleichen Bahn einen 5mag hellen Punkt mit dem Fernglas verfolgen. Eine Suche im Internet ergab keinen Satelliten, so dass es sich wohl um die Werkzeugkiste gehandelt hat. Ein anderer hatte nämlich das gleiche beobachtet. Irgendwie ist das schon cool, ein gerade mal 20-30cm großes Täschchen in der Umlaufbahn zu beobachten. Der Überflug der ISS fand dann planmäßig statt und um 18.08 Uhr düste sie mit einer Helligkeit von -5mag über den Himmel und verschwand bald danach im Erdschatten. Mit Feivel verfolgte ich sie eine Weile und konnte neben einer Teilung des Hauptmoduls auch die zwei Solarpanel erkennen. Die Vergrößerung betrug dabei nur 23x.

Nachdem ich einen Weck gegessen hatte, machte ich mich an den Aufbau von Nemesis. Der Spiegel kühlte seit einer dreiviertel Stunde aus und so düste ich ein wenig unkoordiniert über den Himmel und schaute mir erst einmal meine Lieblingsobjekte an. Man muss ja gucken, ob noch alle da sind, wenn man schon so lange nicht mehr beobachten war. ;)) Mit der Zeit tauchten am Himmel immer mehr Wolken auf, so dass ich gegen 19.30 Uhr gezwungen war, alles abzubauen.

Als alles im Auto war, war der Himmel natürlich wieder blitze blank. *wie immer halt ;))*

Da ich aber keine Lust hatte noch mal alles aufzubauen, beschloss ich, mir einen neuen Beobachtungsplatz anzusehen. Also düste ich eine Weile in der Gegend herum und fand einen tollen Platz. Als ich aus dem Auto ausgestiegen bin, war ich von der Einsamkeit und der Stille total überwältigt. Obwohl der Platz einfach zu erreichen ist, ist er doch so abgelegen.

Gegen 21.20 Uhr war ich wieder an meinem alten Platz und baute 18“ Nemesis zum zweiten Mal an diesem Abend auf. Natürlich musste der Spiegel erst mal wieder auskühlen, aber so hatte ich wenigstens die Gelegenheit, die Temperaturanpassung von 17°C auf -4°C zu beobachten. Nach 10min waberte das Bild deutlich und bei 140x konnte man kaum richtig justieren. 90x war allerdings gut möglich. Nach 20min war auch 140x sehr gut möglich und nach weiteren 5min konnte ich schon bis 210x hochgehen. Man kann also sagen, dass ein 25mm Spiegel mit nem halben Meter Durchmesser auch im Winter in 35 Minuten soweit ausgekühlt ist, dass man höchste Vergrößerungen fahren kann. :)))

Nun endlich ging es an die ersten richtigen Beobachtungen. Den Einstieg machte ich wie so oft mit den schönsten Objekten am Himmel. Einstieg war in der Cassiopeia, wo ich mir den Eulensternhaufen anschaute. Es ist immer wieder faszinierend, wie viele Sterne man mit 18 Zoll Öffnung darin erkennen kann. Direkt darunter der kleine Sternhaufen NGC 436, der mit knapp 20 schwachen Sternchen aufwartete. Nach Messier 103, dem Dreieckshaufen mit dem rubinroten Stern in der Mitte ging die Reise weiter zu Trumpler 1, der eine kleine Kette aus 5 helleren und 15 weiteren Sternen zeigte. NGC 663 glitzerte wie wild vor sich hin und zeigte 60-70 bläulich und weißlich leuchtende Sterne. Ein bisschen weiter weg zeigte sich NGC 654, ein wunderschöner, kleiner Haufen aus 20-30 Sternen, die sich neben einem gelblich leuchtenden Stern in einer kleinen Kugel zusammen gekuschelt haben. Als nächstes schaute ich mir den Tripelstern Iota Cas an, der aufgrund des recht guten Seeings bei 140x gut getrennt war. Sieht für mich immer wie ein Ziffernblatt aus, das 08 Uhr zeigt. Nun peilte ich zu eta Cas, der mir seine gelblich und rötlich leuchtenden Komponenten zeigte. Das nächste Objekt war NGC 7789 , einer der wundervollsten Sternhaufen am nördlichen Himmel. Der schönste Anblick bot sich bei 90x, wo ich eine dichte Glitzerkugel aus über 200 Sternen erkennen konnte. Mit Worten kaum zu beschreiben. :)))

Nun ging die Reise in den Fuhrmann, wo ich ein paar Unbekanntere Objekte aufsuchen wollte. Den Anfang machte NGC 2126 , ein kleiner Sternhaufen im nördlichen Teil des Sternbildes. Hier schmiegten sich 20 schwache 13mag Sternchen an einen helleren, gelblichen Stern. Sieht eigentlich ganz witzig aus. ;) Neben Pi Aur befindet sich der kleine planetarische Nebel IC 2149, der schon länger auf meiner Liste stand. Schon bei 50x konnte ich einen kleinen, blassen Nebelfleck erkennen, der in einem grüngrauen Licht erstrahlte und deutlich elongiert war (3-4:1). Bei höherer Vergrößerung ging die Farbe leider flöten, aber es zeigten sich bei 210x interessante Strukturen. Neben einem hellen Zentralstern konnte ich eine schmale Linie erkennen, die sich an einer Seite von innen nach außen zog. Diese Linie war recht hell und mit indirektem Sehen gut zu erkennen. Zudem konnte ich mit einem OIII einen schwachen Halo wahrnehmen, der von der Ausdehnung deutlich größer als die ovale Scheibe im Inneren war.

Weiter ging es mit NGC 1883, ein schwacher Sternhaufen, bei dem ich mir mit 8“ schon des Öfteren die Augen verbogen hatte. Doch jetzt mit knapp einem halben Meter Öffnung war das schon anders! :)) ich konnte einen körnigen Lichtfleck erkennen, aus dem 10-15 schwache Sternchen herausglitzerten. Nach einem kleinen Besuch bei Capella – ich liebe dieses hell strahlende gelbe Licht – war bald Collinder 62 gefunden. Nachdem die Zuordnung bei 50x ein wenig schwierig war, zeigten sich bei 90x knapp 30 schwache Sterne, die sich um einen hellen, weißlichen scharten. Zwar nur schwach konzentriert, aber dennoch ziemlich schön und anmutig. NGC 1857 ist dafür ein absolutes Knallerobjekt, zumindest mit 18 Zoll. Man erkennt bei 140x knapp 35-40 Sterne, die einen hellen, knallorangenen Stern umzingelt haben. Nachdem ich mir noch die drei großen Aurigasternhaufen angeschaut hatte (einer schöner wie der andere) machte ich noch einen kleinen Abstecher zu NGC 1893, ein kleiner Sternhaufen aus 40 Sternen, der von hell leuchtenden Nebelmassen eingeschlossen ist. Diese treten mit einem OIII ziemlich klar hervor und zeigen schöne Strukturen. Nach den Tadpoles hab ich nicht geschaut, das ist mir erst hinterher aufgefallen.

Damit war meine Reise im Fuhrmann beendet und ich machte mich auf zu den Plejaden. Mit Musik im Ohr und bei einer heißen Schokolade stülpte ich mir mein schwarzes Tuch über den Kopf und schaute dem Glitzern der hellen Sterne zu. Auch die Reflexionsnebel zeigten sich deutlich und der Meropenebel erschien sogar leicht bläulich. Vielleicht aber auch nur deshalb, weil die ganzen Sterne bläulich vor sich hinglitzerten. Und weil es so schön war, ging es gleich weiter zum Doppelsternhaufen. Tja, was soll man da sagen: Selten so was Schönes gesehen. Mit Worten nicht zu beschreiben. :))))

Als nächstes peilte ich zum Krebsnebel, dem ich heute einige Strukturen entlocken wollte. Nachdem ich ihn mir eine Weile bei 200x mit OIII angeschaut und vier Filamente entdeckt hatte, schraubte ich die Vergrößerung auf 380x hoch. Schließlich wollte ich mir mein neues 5mm HR Planetary nicht umsonst gekauft haben. ;) Ziel war es, den Neutronenstern im Inneren zu sichten. Da ich keine Ahnung hatte, wo der Stern genau stehen sollte, hab ich einfach mal alle Sterne eingezeichnet, die ich gesehen habe. Eine halbe Stunde hab ich damit zugebracht, bei dieser hohen Vergrößerung am Limit zu beobachten.

Ein Vergleich mit einem Bild zeigte eine sehr gute Übereinstimmung. Aber das wichtigste war die Erkenntnis, dass es wohl möglich ist, den Neutronenstern bei gutem Himmel mit Nemesis zu erwischen. Ich kann mich gut erinnern, dass ich bei dem Stern im Zentrum des Krebsnebels noch einige Reserven von gut 1mag hatte. In der nächsten Nacht weiß ich dann auch, wo der Pulsar genau steht, so dass ich gezielt danach Ausschau halten kann!

Mit kleiner Öffnung ist der Krebsnebel ein wenig langweilig, aber so ist das ganze echt total spannend! :)))

Nun ging es in die Zwillinge, wo ich erstmal den offenen Haufen Messier 35 angeschaut hab. Bei 90x ein Glitzern, dass es einen fast aus den Socken haut. Daneben NGC 2158, den ich bei 210x in 30 Sternchen auflösen konnte. Bei einer Entfernung von 15.000 Lichtjahren schon eine tolle Sache. Auch den Supernovaüberrest IC 443 konnte ich gut beobachten.

Mittlerweile war es schon nach Mitternacht und da ich am nächsten Tag um 06 Uhr raus musste, hab ich mir als letztes Objekt noch den Orionnebel angeschaut und dieses Mal ganz direkt auf Farbe geachtet. Das Innere erschien grünlich bis leicht bläulich, doch die Ränder zu den Schwingen hatten eine andere Farbe. Es war wie ein leichter Braunton. Nicht sonderlich auffallend, aber sichtbar. Das hat mich dann doch sehr gefreut und so ging dann auch eine wunderschöne Nacht zu Ende.