23.12.2008 - Die Nacht auf Weihnachten über dem Hochnebel




Dieses Jahr sollte es wieder Wirklichkeit werden, ich konnte die Nacht auf Weihnachten über dem Hochnebel verbringen. :)) Gegen 21 Uhr ging es los, der Himmel unten im Rheintal war ziemlich dunstig, auch wenn man noch die ein oder anderen Sterne erkennen konnte.

Oben auf meinem Berg war es sehr klar, die Wintermilchstrasse zog sich bei einer 6m,5 fst bis hinunter zum Horizont und es lag noch einiges an Schnee. Die dunklen Tannen zeichneten ihre Konturen vor dem blauschwarzen Himmel, der über und über mit glitzernden Sternen übersäht war. Hin- und wieder huschte eine Sternschnuppe der Ursiden über den Himmel, darunter auch zwei helle Feuerkugeln, die für eine nachleuchtende Spur sorgten. Einmal blitzte es sogar hell auf – gut möglich, dass hier grad eine Feuerkugel explodiert ist. Leider hab ich nur den Blitz gesehen, der Rest spielte sich wohl hinter mir ab. :((

Da der Spiegel noch ein wenig auskühlen musste, hab ich mit einem großflächigen Objekt angefangen, um das sich Mythen und Legenden ranken. Es ist Simeiz 147, ein mehrere Grad großer Supernovaüberrest im Sternbild Stier. Über die Sichtung dieses SNR gibt es widersprüchliche Aussagen, so dass ich mir heute Nacht selbst ein Bild davon machen wollte. Also das 20mm SWAN mit einem OIII Filter bestückt und mit einer AP von 5mm die hellsten Abschnitte abgegrast. Es war nicht ganz einfach, die Geisternebel von den richtigen Nebelmassen zu trennen, aber letztlich gelang es dann doch. Einige Teile sind gar nicht mal so schwer zu sehen, wenn der Himmel passt. Man braucht viel Geduld und Objektivität, um zum Erfolg zu kommen.

Als der Spiegel ausgekühlt war, zog es mich zum Krebsnebel Messier 1. Hier schaute ich mir mit dem 9er Nagler bei 200x mit OIII zuerst die vielen kleinen Filamente an, die den Nebel durchziehen. Schon klasse, wenn man die Fetzen eines explodierten Sterns so deutlich sehen kann. Dann wurde es spannend, ich steigerte die Vergrößerung auf 400x. Zum Glück war das Seeing in diesem Moment sehr gut, die Sterne waren über weite Strecken hinweg punktförmig. Es ging darum, den Neutronenstern zu sichten. Die nächste halbe Stunde verbrachte ich unter meinem schwarzen Tuch, um auch ja die optimale Dunkeladaption zu erreichen. Den Stern neben dem Neutronenstern konnte ich indirekt immer mal wieder für einige Sekunden halten, schwächere Sterne - helligkeitsmäßig auf Photos in etwa wie der Pulsar – auch. Nur letzterer sträubte sich aus unerfindlichen Gründen. Mehrmals konnte ich neben dem besagten Stern ein extremst schwaches Sternfünkchen aufblitzen sehen. Sichtung gelungen, womit ich eins der spannendsten Objekten im Weltraum mit eigenen Augen gesehen habe – einen Neutronenstern, gerade mal 30km groß. Wow!! Einfach nur wow!!

Nach diesem Erfolg wollte ich mich wieder an mein Nerv-Objekt Nr.1 wagen. ;)) Der Quasar APM 08279+5255. Oft versucht und ständig gescheitert. Nun hatte ich heute aber 18 Zoll Öffnung, was aber nix bringt, wenn auf der Karte zu wenige Sterne eingezeichnet sind und man das Teil nicht sicher identifizieren kann. ;) Also 3:0 für den Quasar! Schade, nix mit 12.0 Mrd. Lichtjahren. Notiz an mich: ich krieg dich!!!

Nach einem kleinen Abstecher zu den Plejaden wanderte ich zum Kometen 144P/ Kushida, der mit einer Helligkeit von 9.5mag an der Grenze zum Sternbild Stier herumschwirrte. Bei 140x war ein großes, flächiges Dings zu erkennen, das zur Mitte hin mäßig heller wurde und im Zentrum einen stellaren „false nucleus“ aufwies. Die Entfernung betrug zu diesem Zeitpunkt 89 Millionen Kilometer, was für einen Kometen eigentlich recht nah ist. Deshalb wahrscheinlich auch die große Ausdehnung der Koma. Eigentlich ein schönes Teil, wenn auch ein bisschen langweilig.

Anschließend ging es zur Galaxie IC 334, die in einer Entfernung von 120 Millionen Lichtjahren gelangweilt im Weltall herumtreibt. Die abgelegene Lage im Sternbild Giraffe macht die Sache auch nicht unbedingt spannender. Also warum sollte man sich die Mühe machen, dieses Ding aufzusuchen? Ganz einfach: weil hier Anfang Dezember die Supernova SN 2008hy mit einer Helligkeit von 14m3 hochgegangen ist. :)) Leider ist die Helligkeit auf mittlerweile 15m2 gesunken, was aber nix macht, wenn man 46cm Öffnung zur Verfügung hat. Nach einem längeren Marsch durch die Einöde war die Galaxie bald im Okular. Eigentlich recht schön – ein rundlicher Wattebausch mit einem helleren Kern. Darüber eine Sterngruppe in Form eines Dreiecks und bei 300x kam dann auch die Supernova recht gut rüber. Hier mal eine Zeichnung davon:

Ich schwenkte Nemesis in Richtung Osten, wo der Krebs so langsam an Höhe gewann. Der erste Blick galt Messier 44, der Krippe. Passt ja schließlich auch gut zu Weihnachten. ;)) Bei 50x ein wunderschönes Gefunkel heller Sterne. Weiter unten düste gerade ein 400m großer Felsbrocken an der Erde vorbei, namentlich 2008 EV5. Zumindest sollte er das. Hatte mir extra noch die neuesten Bahnelemente vom MPC runtergeladen, aber nix. Entweder war die Bahn falsch oder der Asteroid war deutlich schwächer als vorhergesagt. Bis 15mag konnte ich nix erkennen, weder einen sich bewegenden Lichtpunkt noch sonst was. Hmpf...

Nach diesem Fehlschlag gabs erstmal heiße Schokolade und Weihnachtsbrötle, schließlich war es kurz nach Mitternacht am 24. Dezember 2008. Über mir die glitzernden Sterne, die dunklen Tannen und der Schnee. Und dann auch noch Weihnachten. So muss das sein! Wunderschön einfach! :))

Nach dieser Pause ging es in den Orion zum Orionnebel und Konsorten. Mittlerweile war leider nicht nur der Fangspiegel vereist, sondern auch der Hauptspiegel hatte seinen Teil abbekommen. So blieb nix anderes übrig, als sich die Zeit mit helleren Objekten wie Sternhaufen zu vergnügen. Ganz besonders schön war der Weihnachtsbaumsternhaufen.

Daneben fand sich Hubbles Veränderlicher Nebel, der wieder ein wenig heller geworden zu sein scheint. In der kometenhaften Hülle ließen sich ein paar strukturschwache Details wahrnehmen. Nach einem kurzen Abstecher beim Eskimonebel mit seinem hellem Zentralstern und der inneren Hülle gings noch kurz zur kosmischen Erdnuss NGC 2371/72, die bei 210x mit OIII recht hell daherkam.

Nach einem mehr oder weniger abschließenden Blick zu Saturn, dessen Ring sich als heller Strich zeigte, hatte das Eis die Überhand gewonnen. Nicht nur die Spiegel, auch die Stangen, die Sternkarten, mein Rucksack und das Auto waren von einer weißen Eisschicht überzogen. Also kramte ich noch die Isomatte raus, legte mich auf den Boden und wartete auf Sternschnuppen, die ab und an über den Himmel flitzten…