Schon seit ein paar Tagen zeigte sich in den Wettermodellen eine bevorstehende klare Nacht. GFS allerdings rechnete mit
mehr oder weniger bedecktem Himmel. Da es sich hier aber um ein Globalmodell mit unterirdisch schlechter Auflösung handelt,
hab ich lieber eine meiner anderen Quellen herangezogen, die so gut wie jeden Zirrenstrang modellieren können. Einfach
genial! ;)) Nach diesem Modell sollten sich im Norden ein paar Zirren und mittelhohe Wolken halten, die sich im Laufe der
Nacht auflösen sollten. Und so kam es dann auch! Dazu war es windstill und die Temperaturen sanken im Laufe der Nacht auf
+3.6°C ab.
Als ich losgefahren bin, war der Himmel zur Hälfte mit Wolken bedeckt. Oben angekommen, baute ich der Dämmerung meinen
18 Zoll Lowrider auf. Da ich nun endlich wieder eine Filmdose zum Justieren besitze, war er noch schneller als sonst
aufgebaut. Wer braucht schon einen Justierlaser oder anderen derartigen Mist! ;) Ist nur teuer und besser oder schneller geht
die Justage damit auch nicht.
Heute wollte ich unter anderem ein paar Dinge testen. Das wichtigste war mein neuer 115mm Fangspiegel, den ich selbst
geschliffen habe. Ich war extrem gespannt, wie er sich am Himmel machen würde, da ich noch nie einen Planspiegel gefertigt
hatte. Beschichten lassen hab ich ihn bei Befort und zwar mit einer 94% Beschichtung, um das letzte Quäntchen Licht und
Kontrast aus meinem Teleskop zu holen. Die ersten Tests zeigten auch bei 310x ein scharfes und sehr klares Bild. Kein
Vergleich zu meinem vorherigen 88mm Fangspiegel von GSO. Bei 210x hab ich um schwache Sternchen zum ersten Mal feine
Beugungsringe gesehen. Ein Unterschied wie Tag und Nacht. *freu* :))) Ich bin froh, dass ich diesen Fernost- Scheiß endlich
aus meinem Lowrider verbannen konnte. Dann wollte ich auch noch mal meine laterale Lagerung testen, die mir in der letzten
Nacht ein wenig Probleme gemacht und teilweise Astigmatismus produziert hat. Nach eingehender Überlegung war ich zu dem
Schluss gekommen, dass hier der Schrumpfschlauch dran schuld sein könnte, den ich über die Kugellager gezogen hab. So war
es dann auch. Nun steht der Spiegel direkt am Kugellager an und der Asti ist weg. Selbst bei 10° über dem Horizont ist nix
davon zu sehen. Auch meine EQ- Plattform lief zu Höchstleistungen auf. Obwohl sie ein wenig schräg stand, war ein Objekt bei
210x minutenlang in der Mitte zu bewundern. Ein enormer Komfort. So macht das Beobachten doppelt soviel Spaß. Deswegen: nie
mehr ohne!!! :)))) So, nun aber zurück zum Bericht:
Irgendwann brach so langsam die Dämmerung herein und im Westen zeigten sich die schmale Mondsichel und die Venus,
so dass ich schnell den Laptop aufbaute und mich an ein paar Venus- und Mondaufnahmen versuchte. Venus wollte ich nämlich
schon lange einmal ablichten und weil der Mond da ebenfalls in der Ecke rum hing, musste er auch noch dran glauben! ;) So,
und hier die Aufnahmen:
Dann ging der Mond so langsam unter und ich versuchte mich am Kometen Lulin, der in der Nähe von Regulus im Löwen
stand. Bei 50x war der Komet wundervoll anzuschauen. Die Koma sehr hell und rundlich, davon ausgehend ein heller, 1.3° langer
Schweif. Ein wunderschöner Anblick, den ich in einer Zeichnung festgehalten hab:
Danach wurde es an der Zeit, ein paar Showpieces am Himmel abzugrasen. Ich hatte mir nämlich mal nix vorgenommen, sondern
wollte einfach nur ein bisschen stöbern. Den Anfang machten ein paar schöne Sternhaufen in der Cassiopeia. Bei 140x glitzerten
die Sterne wegen des neuen Fangspiegels wunderschön vor sich hin und jeder Haufen war ein Genuss. Besonders schön war
Messier 103 mit seiner dreieckigen Form und dem hellen orangefarbenen Stern im Zentrum. Aber auch NGC 654,
ein kleiner Sternhaufen, der neben einem hellen gelblich leuchtenden Stern steht, sah wunderbar auf. In NGC 663 konnte
man dagegen dem Glitzern der bläulich und weißlich leuchtenden Sterne zuschauen. Auch sehr schön war der Doppelsternhaufen
im Perseus, der von einigen roten Riesensternen umsäumt war. Ein richtiges Sternenmeer fand sich bei Messier 37
im Sternbild „Fuhrmann“, wo im Zentrum ein heller Stern thronte. Einfach wunderbar. Als letzter Sternhaufen musste Messier
35 in den Zwillingen herhalten, bei 90x sehr schön anzuschauen. Daneben der kleine NGC 2158, der fast 15.000
Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Bei 210x konnte ich ihn bis ins Zentrum auflösen und es kam eine immense Anzahl
schwacher und schwächster Sterne zum Vorschein.
Dann war Galaxienzeit. Also schnell ins Sternbild „Löwe“. Den Anfang machte das Leo- Triplett. Messier 65
begeisterte mit ihrem riesigen Spiralarm und dem hellen Balken im Zentrum, während NGC 3628 ihr dickes Staubband
zeigte. Weiter oben fand sich NGC 2903, die bei 140x ihre kurzen Stummelspiralarme offenbarte. Ein weiterer Arm wand
sich weiter auslaufend durch den äußeren Halo. Weiter ging’s im Haar der Berenice mit NGC 4565, die sich bei 140x wie
eine riesige Lichtnadel quer durch das Okular zog. Im Zentrum prangte ein dickes Staubband, das ebenfalls nach außen zu
verfolgen war. Ganz besonders interessant war wieder einmal die Galaxie mit dem teuflischen Auge: Messier 64. Das
Staubband kurvte um den Kern und war richtig dunkel. Darum ein weit auslaufender Halo. Im Sternbild „Jagdhunde“ schaute ich
mir zuerst die Tränengalaxie NGC 4485 an, die sich leicht gebogen zu ihrer kleinen Begleitgalaxie hin wand. In der
„Sonnenblumengalaxie“ Messier 63 konnte ich oben ein feines Staubband erkennen und unterhalb feine Knötchen. In Messier
94 waren zwei kleine Spiralarme im Innenbereich der Koma zu sehen, die selbst relativ ausgedehnt war. Dann kam die
Strudelgalaxie an die Reihe: Messier 51! Und wie sie strudelte! Bei 140x ein Anblick, der einen für Stunden fesseln kann.
Feine Knötchen und Verdickungen in den hellen Spiralarmen. Mit Worten kaum zu beschreiben. Muss man gesehen haben! ;)) Der
Eulennebel Messier 97 zeigte seine dunklen Augen und Messier 81 ihre feinen Spiralarme. Für mich mittlerweile
nach M51 die schönste Galaxie am nördlichen Himmel. Ein ganz anderes Kaliber ist Messier 82, die knallhell daherkam
und im Inneren eine komplexe Staubstruktur zeigte.
Nun waren genug Galaxien angeschaut und es musste was neues her: Kugelsternhaufen. Den Anfang machte Messier 3. Bei
210x ein wunderschöner Anblick. Bis weit in den Kern aufgelöst und das halbe Gesichtsfeld angefüllt mit schwachen
Glitzersternen. Ich weiß nicht, ob es das sehr gute Seeing oder der neue Fangspiegel war, der mir diesen unvergesslichen
Anblick bescherte. Ganz anders dagegen Messier 53, viel kleiner und dichter, aber mit 50.000 Lichtjahren auch ein
ganzes Stückchen weiter weg. Bei 310x konnte man ihn trotzdem bis ins Zentrum auflösen, aber an Messier 3 kam er bei weitem
nicht ran. ;)
Das letzte Objekt des Abends war „Jupiters Geist“ NGC 3242. Bei kleiner Vergrößerung leuchtete er in einem satten Türkis, bei höherer offenbarte sich in der schon recht hellen Scheibe ein weißlich scheinender Ring, der an beiden Enden so was wie einen Knoten sitzen hatte. Jedenfalls ein richtig gutes Objekt, das ich jetzt mit Sicherheit noch des Öfteren anfahren werde.